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Archiv-Artikel

american pie Dallas vor dem Aus

Dirk Nowitzki und die Mavericks unterliegen den Sacramento Kings auch zu Hause und stehen vor einer ungewissen Zukunft

Es war ein typisches Playoff-Spiel: Intensive Verteidigung, Kampf um jeden Ball, Rangeleien und Ballverluste sowie fürchterliche Wurfquoten, Fouls und Freiwürfe und eine Entscheidung in letzter Sekunde. Nur: Was in der Nacht zu Dienstag in Dallas aufgeführt wurde, war mitnichten ein Basketballspiel aus der für aufopferungsvolle Defense und eher bescheidene Offensivkünste bekannten Eastern Conference der NBA. Nein, mit den gastgebenden Mavericks und den Sacramento Kings standen sich die beiden Teams mit der besten Punktausbeute der Liga gegenüber.

Durchschnittlich über 100 Punkte pro Spiel hatten Dallas und Sacramento noch während der regulären Saison ihren Gegnern eingeschenkt – und im Gegenzug auch kräftig eingesteckt. Nun, in der ersten Runde der Playoffs, entdecken beide Teams ihre bislang vollkommen unbekannten Defensivqualitäten oder, je nach Sichtweise, werfen nur noch Fahrkarten. Am Montag hatte nun auch noch Dirk Nowitzki, bislang einziger Akteur beider Teams mit ansprechender Quote aus dem Feld, Probleme, den Ball im Korb unterzubringen. Am Ende stand eine 92:94-Schlappe für Dallas, und der gebürtige Würzburger hatte zwar 21 Punkte gesammelt, aber nach zwei Dunks zu Beginn nur mehr drei von 20 Versuche aus dem Feld getroffen. „Es war“, sagte ein frustrierter Nowitzki anschließend, „ein extrem ungeeigneter Zeitpunkt für das schlechteste Playoff-Spiel meines Lebens.“ Nun fahren die Mavericks mit einem 1:3-Rückstand zurück nach Sacramento, denen nur noch ein Sieg zum Erreichen der zweiten Runde fehlt. „Wir haben, was wir wollten, einen Auswärtssieg“, sagte Sacramentos Chris Webber nach dem Spiel, „aber noch ist es nicht vorbei.“

Dazu aber müssten die in dieser Saison seltsam auswärtsschwachen Mavericks nun zweimal bei den heimstarken Kings gewinnen. Das trauen ihnen nicht einmal die eigenen Fans zu: Bei einer Umfrage der Dallas News glaubten 60 Prozent nicht, dass die Mavericks auch nur noch ein Spiel gewinnen. Tatsächlich offenbaren Nowitzki und Kollegen ungewohnte Schwächen: Gegen die auch nicht gerade als großartig bekannte Verteidigung Sacramentos trafen sie zuletzt nur 34 Prozent aus dem Feld. Trotzdem hätten sie das Spiel gewinnen können, hätte das bislang beste Freiwurf-Team der Liga nicht gleich 13-mal den Ball von der Linie daneben gesetzt. „Das war uncharakteristisch für uns“, meinte Steve Nash.

Da sich aber auch die Kings nicht wesentlich besser anstellen, verkommt die als attraktivste Paarung der Playoffs apostrophierte Serie zunehmend zum unansehnlichen Gewürge: Selbst der serbische Distanzschütze Peja Stojakovic findet den Korb für die Kings nicht mehr. Im vergangenen Jahr, als man im Viertelfinale aufeinander traf, sammelten beide Teams noch regelmäßig über 120 Punkte, bevor die Mavericks nach sieben Spielen als Sieger den Platz verließen.

Danach sieht es diesmal ganz und gar nicht aus. Sollten die Mavericks morgen in Sacramento verlieren und damit aus den Playoffs ausscheiden, sind die Tage der Nelsons in Dallas wohl gezählt. Chefcoach Don und dessen Sohn und Assistent Donn dürften die ersten Opfer des als ungeduldig bekannten Mavericks-Besitzers Mark Cuban werden. Aber auch die Spieler können nicht sicher sein, demnächst noch in Dallas zu spielen, selbst die so genannten Big Three nicht: Um Shooting Guard Michael Finley rankten sich bereits während der Saison immer wieder Wechselgerüchte, und der Vertrag von Nash läuft zum Saisonende aus. Nur Nowitzki gilt als unverkäuflich, aber es wäre nicht das erste Mal, dass Cuban mit einem unerwarteten Deal überraschen würde. THOMAS WINKLER