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american pieRick Pitino ist nicht mehr Coach der Boston Celtics

Ein Mann gibt auf

Jack Flash sat on a candle stick

Am Schluss klang Rick Pitino nur noch verzweifelt. „Es tut mir Leid für alle Fans“, sagte der Coach der Boston Celtics nach der peinlichen Heimniederlage gegen die Golden State Warriors vor wenigen Tagen. Nahezu widerstandslos durften die Gegner, keineswegs zur Elite der Basketball-Liga NBA gehörig, am Ende Korb auf Korb erzielen, und das Celtics-Team verließ den Platz unter dröhnenden Buh-Rufen. „Ich entschuldige mich“, sagte der 48-Jährige kleinlaut; am Montag zog er die Konsequenzen und einigte sich mit Teambesitzer Paul Gaston auf eine Vertragsauflösung.

Als Pitino vor dreieinhalb Jahren nach Boston kam, setzte sein Zehnjahresvertrag über 50 Millionen Dollar nicht nur neue Maßstäbe der Trainerentlohnung in der Liga, sondern weckte Hoffnungen auf eine Wiedergeburt der glorreichen Celtics vergangener Tage, die mit 16 gewonnenen Titeln nach wie vor den NBA-Rekord halten. Der temperamentvolle Pitino brachte den Ruf mit, schwächelnden Teams neues Leben einzuhauchen. Das hatte er Ende der 80er-Jahre bei den New York Knicks geschafft und zuletzt am College in Kentucky, wo er die Wildcats mit seinem atemberaubenden System einer Full-Court-Verteidigung zur NCAA-Meisterschaft führte. Pitino versprach Boston nicht nur rasanten Basketball, sondern auch, dass er das Team, welches in der Saison zuvor gerade 15 Spiele gewonnen hatte, binnen drei Jahren wieder in die Playoffs führen würde.

Die Realität sah anders aus. Jede seiner drei Spielzeiten schlossen die Celtics mit mehr Niederlagen als Siegen ab, was Pitino in seiner 17-jährigen Karriere vorher nur zweimal widerfahren war, und auch in der laufenden Saison steuert man mit 12:22 Siegen wieder auf eine negative Bilanz zu. Kaum im Amt, hatte Pitino erstmals Pech. Beim College-Draft zerschlugen sich die Hoffnungen, den Wake-Forest-Star Tim Duncan nach Boston zu holen, der im Mittelpunkt des Neuaufbaus stehen sollte, und auch Keith van Horn ging Pitino durch die Lappen. Die Celtics bekamen Chauncey Billups und Ron Mercer, die beide längst abgegeben wurden, während Duncan 1999 mit San Antonio den NBA-Titel holte.

Rick Pitinos aggressive, kräftezehrende Press-Verteidigung war bei der 48-Minuten-Spielzeit in der NBA längst nicht so effektiv wie auf College-Ebene. Die routinierten Profis der Liga ließen sich selten in Panik versetzen, und am Schluss reichte bei den Celtics häufig die Kraft nicht mehr. So blieb Boston eines der abwehrschwächsten Teams der Liga, in neun der letzten elf verlorenen Partien kassierte man mehr als 100 Punkte.

Pitino hatte schon vor einigen Monaten angekündigt, dass er gehen würde, wenn das Team erneut die Playoffs verpasst. „Ich bin die Sache dreieinhalb Jahre lang sehr hart angegangen und sehe kaum Resultate“, erklärte er, „wenn das so bleibt, würde ich nur versuchen, Paul Gastons Geld zu kriegen.“ Das 86:112 bei Miami Heat am Sonntag gab ihm offenbar den Rest. „Ich strebe eine Verbesserung der Abwehr an, aber so, wie die heute treffen durften, ist diese einfach nicht vorhanden“, sagte er resigniert und erbat sich einen Tag Urlaub.

Den wandelte Pitino vorgestern in eine Kündigung um, mit der er auf 27 Millionen Dollar verzichtete. „Man hat mich hier immer wie einen König behandelt“, stellte er nicht zu Unrecht fest, „aber manchmal ist ein Wechsel einfach um des Wechsels willen positiv“. Bezüglich seiner Zukunft braucht er sich ohnehin keine Sorgen zu machen. Bereits in den letzten Monaten wurde er immer wieder mit verschiedenen Colleges in Verbindung gebracht, darunter North Carolina und Indiana.

Die Boston Celtics wurden zunächst von Assistenztrainer Jim O’Brien übernommen, sein Debüt am Montagabend endete im Bostoner Fleet Center wie gehabt: mit einem 90:98 gegen die Portland TrailBlazers.

MATTI LIESKE

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