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american pieNBA: Kings gleichen gegen Kobes Lakers aus

Fast Food statt Fast Break

Ob es nun tatsächlich ein läppischer Cheeseburger vom Roomservice war, der die Los Angeles Lakers ins Verderben stürzte, oder doch die wesentlich verbesserte Defense der Kings, Fakt ist: die Lakers verloren Spiel zwei der NBA-Halbfinalserie in Sacramento mit 90:96. Damit steht es vor der dritten Partie am Freitag in Los Angeles 1:1. Fakt ist auch, dass Kobe Bryant, Opfer besagten Cheeseburgers, der ihn die Nacht mehr auf der Toilette als im Bett verbringen ließ, zwar 22 Punkte erzielte, aber nicht seine gewohnten Wundertaten in der Schlussphase verrichten konnte.

Wann immer die Lakers in den Play-offs dringend Punkte, Rebounds, Assists oder Defense brauchten, Kobe Bryant war da, um sie zu liefern. Die unsinnige, aber gern gestellte Frage, wer der Erbe Michael Jordans in der NBA ist, hat längst ihre Antwort gefunden. Niemand sonst punktet so elegant aus schwierigsten Situationen, niemand sonst verfügt über so viele Moves, die direkt aus einem von Jordan verfassten Lehrbuch zu entstammen scheinen. „Er ist so nah an Michael, wie man nur sein kann, ohne Michaels Erfahrung zu haben“, lobt Sacramentos Coach Rick Adelman, hinzu kommt, dass Bryant mit seinen 23 Jahren, sehr viel früher als Jordan, gelernt hat, wie man ein Team führt. „Ich habe mich in verschiedenen Bereichen verbessert, am stolzesten bin ich auf den Bereich Führungsqualität“, sagt Kobe, den die Mitspieler zu Beginn der letzten Saison wegen seines Egoismus noch loswerden wollten. Zur Führungsqualität gehört, die Sache in die Hand zu nehmen, wenn es ums Ganze geht. „Dreieinhalb Viertel lang studiere ich die Verteidigung des Gegners, dann wende ich an, was ich gelernt habe“, erklärt er das, was er in der mit 4:1 gewonnenen Serie gegen San Antonio und auch im ersten Match gegen die Kings nahezu perfekt praktizierte.

Noch irgendwelche Zweifel, wer der beste Spieler der NBA ist? Nun ja. Bei der Wahl zum MVP (Most Valuable Player) der Liga setzte nur einer der 126 Juroren Kobe Bryant auf Rang eins, einer gestand ihm Rang zwei zu, vier platzierten ihn immerhin an dritter Stelle. Weit abgeschlagen landete er hinter Tim Duncan, Jason Kidd, Shaquille O’Neal und Tracy McGrady auf Platz fünf. Doch damit nicht genug. Beim All Star Game wurde er in seiner Heimatstadt Philadelphia gellend ausgepfiffen. Und die beiden Meisterschaften der Lakers? Die heftete man umstandslos Shaq ans mächtige Revers.

Der offenkundige Mangel an Respekt, der Kobe Bryant in der Öffentlichkeit entgegengebracht wird, rührt daher, dass ihm eine Eigenschaft Michael Jordans noch völlig fehlt: Charisma. Mit dem Slogan „Be like Kobe“ wäre derzeit wenig zu holen, Bryant ist von Jordans Popularität weiter entfernt denn je. Mit undiplomatisch-aggressiven Äußerungen bringt er die Leute gegen sich auf, seine Körpersprache auf dem Platz wirkt arrogant, das extensive Züngeln nach erfolgreichen Würfen kommt als Verspottung des Gegners rüber. Im selben Maße, wie sich die Lakers auf eine Wir-gegen-alle-Attitüde à la Bayern München festlegen, schreitet auch die Effenbergisierung des Kobe Bryant voran.

Ein Publikumsliebling wird er auf diese Weise nicht, den Respekt der Kollegen hat er allerdings sicher. „Man muss ihn einfach bewundern“, sagt ausgerechnet Sacramentos Chris Webber, der ebenfalls Schwierigkeiten mit seinem Image hat. Weil er oft ein wenig phlegmatisch wirkt, ist er bei Niederlagen stets der Sündenbock, selbst wenn er wie im ersten Spiel gegen die Lakers 28 Punkte, 14 Rebounds und 6 Assists angehäuft hat. Webber, nur knapp vor Dirk Nowitzki Siebter der MVP-Wahl, könnte mit einem Titelgewinn den Ruf des Verlierers loswerden, Kobe Bryant dagegen würde wohl selbst die dritte Meisterschaft mit den Lakers in der Gunst der Fans außerhalb von L.A. nicht wesentlich weiterbringen. Immerhin hat er eine wertvolle Lektion gelernt: „Wenn ich das nächste Mal einen Cheeseburger will, gehe ich einfach zu McDonald’s.“

MATTI LIESKE

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