Zypern weniger kreditwürdig: Regierung setzt Rotstift an
Die Ratingagentur Fitch hat die Bonitätsnote des Euro-Landes erneut gesenkt. Die Regierung beschließt Steuerhöhungen und ein Einfrieren der Löhne von Staatsangestellten.
BERLIN taz | Die Regierung Zyperns will mit einem drastischen Sparpaket einer fiskalischen Notlage entgehen. Doch ob die Maßnahmen letztlich ausreichen, bleibt ungewiss: Am Mittwoch senkte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Euro-Landes zum zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate. Die Bonität steht jetzt auf "BBB" - nur noch zwei Noten über dem Ramsch-Status.
Das Kabinett beschloss am gleichen Tag deutliche Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen, um den Staatsetat wieder in den Griff zu bekommen. So sollen die Mehrwertsteuer, die Einkommensteuer und die Zinsbesteuerung steigen. Staatsangestellte erhalten in den nächsten drei Jahren keine Gehaltserhöhungen mehr. Zusammen mit einem ersten Paket belaufen sich die erwarteten Einsparungen auf 750 Millionen Euro. Damit soll das Defizit für 2012 von erwarteten sechs auf 2,5 Prozent gesenkt werden.
Die Ratingagentur Fitch erklärte, vermutlich werde es Zypern nicht gelingen, seinen mittelfristigen Finanzbedarf komplett am Kapitalmarkt zu decken. Tatsächlich liegen Staatsdefizit und Gesamtverschuldung auf der Insel im europäischen Vergleich bisher im Mittelfeld. Dennoch muss das Land für Staatsanleihen stark erhöhte Zinsen auf dem Kapitalmarkt zahlen.
Drastisch verschärft hat sich die Lage durch die schweren Schäden, die das größte Kraftwerk der Insel infolge der Explosion von unachtsam gelagertem Sprengstoff getroffen hat. Das Land leidet seit Juli unter periodischen Stromabschaltungen, die befürchten lassen, dass das Wirtschaftswachstum auf nahe Null sinken wird. Meerwasserentsalzungsanlagen sind abgeschaltet, um Strom zu sparen, was zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung führt. Die Kosten für den Wiederaufbau des Kradftwerks Vassilikos werden auf mindestens eine Milliarde Euro geschätzt - bei einer jährlichen Wirtschaftsleistung Zyperns von 18 Milliarden Euro eine astronomisch hohe Summe.
Verschärft wird die Finanzkrise dadurch dass zypriotische Banken stark in griechischen Staatsanleihen investiert haben. Bei einer möglichen Abwertung dieser Papiere droht eine Pleite, die der Staat aus eigenen Mitteln nicht bewältigen könnte. Anfang August hatte das größte Kreditinstitut, die Bank of Cyprus gewarnt, das Land befinde sich kurz vor einer Flucht unter den EU-Rettungsschirm, wenn nichts geschehe.
Ob es der Regierung gelingen wird, ihr Sparprogramm am 25. August durchs Parlament zu bringen, ist ungewiss. Seit dem Austritt der zentristischen DIKO Anfang des Monats leitet Präsident Demetris Christofias eine linke Minderheitsregierung. Die Opposition kündigte an, das Sparpaket abzulehnen, wenn es nicht verändert wird.
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