: Zwölf neue Lehrer bringen keine Ruhe
■ Eltern protestieren weiter gegen Lehrermangel
Eltern, Lehrer und Schüler wollen sich nicht mit den faktisch 12 neuen Lehrerstellen zufrieden geben, die der Senat Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) zugestanden hat. An wechselnden Schulen sollen Schulboykott und Aktionen gegen Lehrermangel fortgesetzt werden. Manche, wie etwa die Stader Straße, wollen weiterstreiken, auch nachdem die Speerspitze der Streikbewegung, die sechs Osterholzer Grundschulen, aus Rücksicht auf die Kinder den Streik nach fast drei Wochen am Mittwoch vorläufig beendet hatten. Am 30 Mai soll ein Sternmarsch zum Rathaus stattfinden.
Im Büro des Zentralelternbeirats (ZEB) lassen empörte Eltern und Lehrer die Telefone heißlaufen. Die Gewerkschaft GEW hat ausgerechnet, daß der Senatsbeschluß wegen der anstehenden Pensionierungen 1996 einen Verlust von 75 Lehrerstellen bedeutet.
„Die Lage für 1996 ist schon katastrophal, die für 1997 ist nicht diskutabel“, sagte ZEB-Vorständin Heidrun Huthoff. Im kommenden Schuljahr müßten an den meisten der 70 Bremer Grundschulen zwei Unterrichtsstunden wegfallen. Die Schulen hätten nach der Senatsentscheidung die Wahl: Größere Klassen oder weniger Stunden, so GEW-Vorstand Jürgen Burger.
Die Bildungsbehörde kommt aber trotz der mehr als 100 Pensionierungen in Bremens Lehrerschaft (Durchschnittsalter: fast 50) nur auf ein Minus von 10 Stellen. Ein Klacks bei 5.000 Bremer Lehrern, findet André Schulz aus dem Büro der Bildungssenatorin. Außerdem sei Bremen mit 18,9 Grundschülern pro Lehrkraft im Vergleich zu anderen Ländern gut bestückt.
Die durch Ruhestand gelichteten Pädagogen-Reihen würden durch Rückkehr von 58 Lehrern aus Unis, Bibliotheken und anderen Einrichtungen geschlossen. Außerdem würden 20 Lehrer mehr Beurlaubungen beenden als neue beginnen. Die GEW kontert: Die Rückkehr sei „Illusion“ und außerdem verdeckter Stellenabbau in den betroffenen Institutionen.
Die AfB-Abgeordnete Elke Kröning glaubt nicht an den Erfolg der Rückkehraktion und will einen Haushaltsantrag stellen, die Arbeitszeit für Lehrer für zwei Jahre um eine Stunde zu verlängern, um akute Engpässe auszugleichen.
Die Hoffnungen der Bildungsbehörde, wie sie auch ohne ihren im Senat abgeblitzen Lehrerbedarfsplan das Chaos an den Schulen verhindern will, ruhen auf dem mit der GEW vereinbarten Modellversuch. Im kommenden Schuljahr soll Flexibilisierung der Lehrerarbeitszeit erprobt werden. So sollten etwa die während Klassenfahrten nicht unterrichteten Stunden der Fachlehrer auf Arbeitszeitkonten auflaufen, so Schulz. Die in der Lehrer-Arbeitszeit enthaltene Vorbereitungszeit könne durch mehr Block-Unterricht und eine Abkehr vom starren 45-Minuten-Schulstunden-Rhythmus vermindert werden. Doch der Modellversuch scheint gefährdet: Die GEW sieht den Geist des Kooperationsvertrages durch die Senatsentscheidung verletzt. GEW-Mann Burger kann sich keine Schule vorstellen, die sich beteiligen werde, wenn von vornherein das Ziel „Stellenabbau“ festgeschrieben sei. jof
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