: Zweifelhaft –Betr.: „Behörde entdeckt Transparenz“, taz hamburg vom 25. März 1999
Es ist schon bemerkenswert, wie Senatorin Roth es mal wieder geschafft hat, ihre Maßnahmen positiv zu verkaufen: Daß Einrich-tungsträger, die für ihre Arbeit öffentliche Mittel bekommen, jedes Jahr ihre Leistungen ausführlich darlegen müssen und von der Behörde überprüft werden und daß jede Zuwendung immer nur für ein Jahr gilt und es keinerlei Bestandsschutz gibt, ist nicht neu, sondern schon seit Jahren durch die Landeshaushaltsordnung festgelegt.
Daß ihre neue Dienstvorschrift über Ausschreibungen und die Auswahl von freien Trägern tatsächlich Transparenz und Chancengleichheit schafft und Filz verhindert, muß ernsthaft bezweifelt werden: Zum einen gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmeregelungen, nach denen keine oder nur eine eingeschränkte Bekanntgabe erforderlich ist; zum anderen sind Auschreibungen bekanntermaßen noch nie eine Gewähr dafür gewesen, daß nicht gemauschelt wird. Was nützt das ganze Verfahren und seine genaue Dokumentation, wenn bei Bekanntwerden von ,Unkorrektheiten' die Gelder längst geflossen und ausgegeben sind und finanzielle oder personelle Konsequenzen in aller Regel nicht gezogen werden? Der Filz-PUA zeigt dies allzu deutlich.
Bei all dem entsteht der Eindruck, daß die Senatorin sich mit längst gegebenen Haushaltsvorschriften profilieren und Augenwischerei und Etikettenschwindel mit einem Papier betreiben will, das schon wegen seiner vielen Ausnahmen und erst recht in der Praxis kaum geeignet sein wird, Filz zu vermeiden; und um die Träger, die die BAGS will, zu bevorzugen, wird sie auch weiterhin Mittel, Wege und Gründe finden – sie wäre sonst nicht (mehr) die BAGS und Hamburg nicht (mehr) Hamburg.
Auch aus langjährigen Erfahrungen spricht leider nichts für mehr Chancengleichheit und weniger Vetternwirtschaft seitens dieser Behörde. Die Dienstvorschrift ebnet stattdessen den Weg zur Fortsetzung des Filzes mit einem weiteren Instrument. Insofern erscheint auch die Befürchtung mancher Träger, daß die Behörde sich jetzt mit diesem Regelwerk auf ,elegantere' Weise und scheinbar korrekterer Grundlage auch ,unbequemer' und nicht angepaßter Träger entledigen kann, leider nicht unbegründet.
Jens Lorenzen (Geschäftsführer eines Zuwendungsempfängers)
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