Zuwanderung – Ein neues Kapitel von „German angst“? Wofür hat Volker Beck tapfer gekämpft? : Schily spielt mit Beckstein weiter
betr.: „Was bleibt, ist Misstrauen“, taz vom 27. 5. 04
Allerorten liest man Beschwörungsformeln: „Mit der SPD sei vereinbart, dass Grünen-Verhandler Volker Beck beteiligt werde.“ Beck als Garant für Rückgrat gegenüber der Basis; nachdem Bütikofer sich von Schröder und Schily platt klopfen ließ, offensichtlich bitter nötig. Was für eine peinliche Performance! Warum hat man eigentlich so quälend verhandelt, wenn jetzt von der Parteiführung in wenigen Stunden alles drangegeben wird? CLAUS THEODOR AHREM, Köln
Da hat Volker Beck monatelang tapfer gekämpft. Und wofür? Damit zwischen Bütikofer und Schröder an einem Tag wieder alles zunichte gemacht wird. Bütikofer hat verkündet: „Das Spiel ist aus!“ Offensichtlich nur für die Grünen. Schily spielt mit Beckstein und Müller weiter. Da hat der Parteivorsitzende den Mund voll genommen, aber offensichtlich nicht das Kreuz, um seine Ankündigung wahr zu machen. JOHN MEIER, Bernau
Ein höchst ausgewogener Kompromiss: Einige tausend Flüchtlinge werden der Ausweisung und sofortiger Abschiebehaft ausgesetzt, und einigen dutzend hoch qualifizierten Spitzenkräften wird die Einwanderung ermöglicht. Schröders Achtpunktepapier verdient höchste Beachtung: Der achte Punkt befürwortet die „humanitäre“ Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung. Damit streckt der Kanzler ein Streichelpfötchen aus, weil die Grünen die voraufgegangenen sieben Restriktivpunkte so brav schlucken. Nachdem in der brillanten Vermittlung alles eingeräumt wird, was sich CDU und FDP nur immer wünschen konnten, durfte der Knotenlöser mit der fürchterlichen Androhung eines Alleingangs bei Nichtzustimmung der Opposition auch noch den starken Mann markieren.
ERNST-GUST Krämer, Kalletal
betr.: „Die Angst hat gewonnen“, taz vom 27. 5. 04
Eine bessere Kommentierung als die von Eberhard Seidel, kann es zu dieser „politischer Zuwanderungskonsens um jeden Preis“-Lösung nicht geben. Jedes Wort, jeder Satz, jeder Gedanke, im wahrsten Sinne Punkt für Punkt, Komma für Komma.
Die „Schar der Kommentatoren lobt den Macher, den Kanzler“, obwohl es absolut nix zu loben gibt. Angeführt, wie immer, durch die „große Süddeutsche“, wird da etwas befeiert, was alles andere, aber sicher keine gute Politik ist. Aber halt, da gibt es noch die taz und den Eberhard Seidel. Gott sei Dank! Wenn ich auch hin wieder bei der taz ein wenig „mainstreamskeptisch“ werde, heute werde ich intensiv über eine Spende nachdenken. KLAUS ZINNER, Bochum
betr.: „Schröder: Zuwanderung klappt“, taz vom 26. 5. 04
Das Zuwanderungsgesetz verdient nur seine ersten beiden Buchstaben. Es suggeriert, Deutschland sei eine geschlossene Gesellschaft und fürchte sich vor den „Gefahren“ der großen, weiten Welt. Ob hoch qualifizierte Ausländer es sich antun, mit der Arbeitsaufnahme in einem Land zu kokettieren, bei dem sie vorab unter Generalverdacht genommen werden, kriminelle Gedanken zu hegen, darf stark bezweifelt werden. Die einzige Gewinnerin dieses ausgekungelten Kompromisses ist die nordamerikanische Soziologie. Sie kann sich über ein neu zu untersuchendes Kapitel der „German angst“ freuen! RASMUS PH. HELT, Hamburg
Da hatte man gehofft, die Grünen würden endlich einmal wieder ihren Grundsätzen treu bleiben und sich bei der Zuwanderung für mehr Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit stark machen – schon sind sie wieder eingeknickt. Wenn man den Allparteienkompromiss sorgfältig auswertet, so merkt man, dass er eigentlich nur aus vier Bausteinen besteht:
Die Wünsche der Wirtschaft nach günstigen ausländischen Fachkräften werden erfüllt. Den CDU/CSU-Forderungen folgend werden die Vorgehensmöglichkeiten gegen unerwünschte Immigranten verschärft. Der Rechtsstaat wird weiter ausgehöhlt: Künftig reicht schon der Verdacht, jemand könnte kriminell werden, um ihn abzuschieben. Humanitäre Anliegen werden nur insoweit berücksichtigt, wie sie ohnehin aufgrund internationaler Abkommen vorgegeben sind. HEINER JÜTTNER, Aachen