■ Zur Einrichtung einer Schutzzone rund um die Antarktis: Später Frieden für die Wale
Da es fast keine Wale mehr in den Weltmeeren gibt, rentiert sich der Walfang wirtschaftlich schon längst nicht mehr. Bei Kilopreisen von 350 Dollar für Walfleisch etwa in Japan geht es selbstverständlich auch keineswegs um Ernährungsfragen. Somit lohnt es sich für die meisten Staaten auch nicht mehr, sich von Umweltschutzorganisationen ausgerechnet wegen Walfangs an den Pranger stellen zu lassen. Da kann ein Land wie Frankreich, das in puncto Umweltschutz üblicherweise keine Lorbeeren einheimst, leicht die Stimme erheben und eine Schutzzone für Großwale rund um die Antarktis beantragen. Kosten für diese publicityträchtige Aktion: keine.
Interessant ist auch die Tatsache, daß Norwegen, das den Walfang zu einer politischen Priorität, zu einer Frage des nationalen Stolzes erkoren hat, der Abstimmung über die Schutzzone ferngeblieben ist. Wäre Norwegen dabeigewesen, wäre die notwendige Dreiviertelmehrheit der Mitgliedsstaaten der Internationalen Walfang-Kommission (IWC) nicht zustande gekommen. Aber auch hier muß man leider feststellen: Der Grund dafür war nicht, daß die norwegische Regierung plötzlich ihr Herz für Wale entdeckte. Vielmehr hat Norwegen auf der Südhalbkugel der Erde keine Fanginteressen. Warum sollte man sich also internationaler Kritik aussetzen? Erst nächste Woche will die Regierung entscheiden, ob die Norweger im Nordantlantik weiter Wale jagen werden. Der Wunsch der Norweger, der EU beizutreten, wird dabei wohl kaum eine Rolle spielen, weil der Walfang kein Thema bei den Beitrittsverhandlungen war.
Keine Frage, die Einrichtung eines Wal-Reservats ist außerordentlich begrüßenswert. De facto ist auf der südlichen Erdhalbkugel der Walfang damit unmöglich geworden, denn die Wale halten sich die meiste Zeit des Jahres in den nährstoffreichen kalten Gewässern südlich des 40. Breitengrades auf. In den wärmeren Gewässern des indischen Ozeans, die sie zwecks Fortpflanzung aufsuchen, sind die Wale schon länger geschützt. Aber allzu groß brauchen die Glückwunschtelegramme an die scheinbar endlich zu Vernunft gekommenen IWC-Mitglieder nicht auszufallen. Mit vorsorgendem Artenschutz hat die Maßnahme nichts zu tun. Von den Großwalen gibt es bereits jetzt nur noch so wenige Tiere, daß sich bei den meisten der bedrohten Arten der Bestand trotz des seit 1986 geltenden Fangmoratoriums praktisch nicht erholt hat. Walmann und Walfrau haben schlicht Schwierigkeiten damit, sich für ein Rendezvous zu finden.
Wenn die internationale Staatengemeinschaft es wirklich ernst meinte mit dem Schutz der Meeresbewohner, dann könnte sie das jetzt durch eine Begrenzung des Fischfangs unter Beweis stellen. Doch genauso, wie die Jagd auf Großwale erst dann geächtet wurde, als keine ernsthaften wirtschaftlichen Interessen mehr am Walfang bestanden, scheint auch die Meeresfischerei bis zu dem Punkt betrieben zu werden, an dem es keine rentabel auszubeutenden Fischreserven mehr gibt. Vielleicht wird es künftig auch ein paar Heringsreservate geben, wenn sich die wirtschaftlichen Interessen erst vollständig von der Fischerei auf offener See auf Zuchtfisch umgestellt haben. Nicola Liebert
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