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■ Zur Auseinandersetzung um den Film „Terror 2000“Die Macht der Bilder

Daß der deutsche Film in der Ära nach Faßbinder noch irgend jemanden hinter seinem Kreuzberger Kachelofen hervorlocken könnte, galt in Kennerkreisen als unwahrscheinlich. Man sehe deshalb den Filmredaktionen die klammheimliche Freude darüber nach, daß nun über gleich vier Filme ein heftiger öffentlicher Disput ausgebrochen ist. Dessen Höhepunkt war erreicht, als einige Berliner Autonome, die sich charmanterweise „Kommando Filmriß“ nennen, letzte Woche mit Buttersäure und Tränengas ein Berliner Hinterhofkino daran hindern wollten, Christoph Schlingensiefs blutig-kloakigen Deutschland-Splatter „Terror 2000“ vorzuführen.

Das Argument, diese eher hohlwangig geratene Schlammschlacht verharmlose Rassismus, Sexismus und Neonazismus entspringt demselben archaischen Glauben an die Macht der Bilder, die auch den Bundeskanzler ritt, als er versucht hatte, Philip Grönings Film „Die Terroristen“ zu verbieten. Demselben Impuls folgte auch eine Gruppe von „Antisexisten“, die vor einigen Jahren im gleichen Kino die Vorführung von Pornos mit Säure unterbinden wollten. Als seien die Bilder schuld an der „ekelhaften Realität“, von der im autonomen Flugblatt die Rede war, zündeten andere Biedermeier vor Wochen ein Kino an, in dem Thomas Heises Film „Stau“ gezeigt werden sollte, einer der wenigen Dokumentarfilme, der Skinheads nicht nur als brandschatzende Horden, sondern auch als Privatmenschen porträtiert. Ein ähnliches Schicksal erwartet Romuald Karmakars „Warheads“, eine brillante Dokumentation über das internationale Söldnerleben, die den Protagonisten neutral bis wohlwollend gegenübersteht.

Die Heftigkeit der Inquisitions-Versuche steigt – so scheint es – mit der Nähe zum gehaßten Objekt: Während Heises Film zeigt, daß manche der Rechtsradikalen wöchentlich die Seiten wechseln und mit denselben Verhaltensweisen und demselben Musikgeschmack auch in der linken Hausbesetzerszene von Halle zurechtkommen, bekundet Schlingensief denselben Widerwillen gegen bürgerliche Formen politischer Willensbildung, die Wohlstandsgesellschaft und den Sex, den man auch bei so manchen Kreuzberger Kommandos antrifft. Eine fast infantile Abneigung gegen alle nicht handgreiflichen Formen der Auseinandersetzung, auch der zwischen den Geschlechtern, eint den juvenilen Filmemacher und seine Bilderstürmer. Daß sie einander nicht ähnlich sein wollen, obwohl sie durchaus in einem Schlauchboot Platz hätten, kann man auch irgendwie verstehen.

Daß die Diskussion über „Terror 2000“, zu der die Kinobetreiber schließlich eingeladen hatten, wider Erwarten ohne Polizeischutz über die Bühne gehen konnte, läßt allerdings hoffen: Eine Zensur fand nicht statt, nicht einmal aus Betroffenheit, und der deutsche Film wird diskutiert in einem Ausmaß, das man seit Reinhard Hauffs „Stammheim“ nicht mehr erlebt hat. Mariam Niroumand

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