■ Die Anderen: Zum Nato-Angriff aus Jugoslawien schreiben „El Pais“ (Madrid), „Standard“ (Wien), „The Sun“ und der „Guardian“ (Großbritannien) und die „Pravo“ aus Prag
Zum Nato-Angriff auf Jugoslawien schreibt „El Pais“ aus Madrid: Moralisch ist die Nato mit ihren Luftangriffen auf Jugoslawien gewissermaßen im Recht. Aber man darf nicht vergessen, daß dies die erste Angriffsoperation der Allianz auf einen souveränen Staat ist. Rechtlich gibt es dafür keine Legitimität, denn es liegt keine Resolution des Weltsicherheitsrats vor. Es gibt keine saubere Militäraktion, so sehr man sich auch bemüht. Bei der Nato-Aktion können neben Berufssoldaten auch Frauen, Kinder oder serbische Militärs sterben, die nicht für Milosevic kämpfen wollten. Je mehr unschuldige Menschen ihr Leben lassen, desto mehr untergräbt die Nato die moralische Legitimität ihrer Aktion.
Der Wiener „Standard“ schreibt skeptisch: Die Linie ist überschritten. Die Nato greift erstmals einen souveränen Staat an. Die Aktion ist weder durch den Bündnisvertrag (Beistandspflicht bei einem Angriff auf ein Mitglied) noch durch ein UN-Mandat gedeckt. Alleiniges Motiv ist es, die „ethnische Säuberung“ im Kosovo zu beenden und einen Völkermord zu verhindern, indem man einen Gewaltherrscher in die Schranken weist. Faktum bleibt, daß damit ein Präjudiz geschaffen wurde. Dieses Präjudiz kann durchaus positive Anstöße liefern, etwa für eine Weiterentwicklung des Völkerrechts hin zur humanitären Verpflichtung. Das hängt freilich ganz und gar vom Ausgang der Militäraktion ab. Und der ist völlig offen.
Das britische Massenblatt „The Sun“ begrüßt die Nato-Aktion: Dies ist der schlimmste Augenblick für Europa seit Kriegsende 1945. Wir begrüßen, daß Großbritannien, die USA und Deutschland in dieser Krise zu Alliierten geworden sind. Dies ist ein richtiger Krieg. Es gibt kein Zurück. Wir befinden uns im Krieg mit Serbien. Krieg ist gefährlich. Krieg tötet. Opfer sind unvermeidlich. Aber unsere Trauer über die Nato-Opfer wird von dem Wissen gemildert, daß wir keine andere Wahl hatten.
Der britische „Guardian“ kommentiert: Das Ziel der Bombardierungen ist der Abschluß eines Friedensabkommens. Während wir akzeptieren, daß die Nato ein schweres Risiko eingeht, sollten wir nicht vergessen, daß die Zeiten von Milosevic vorbei sind. Serbien ist nicht zuletzt wegen seiner verrückten und kriminellen Führung eine schwache Gesellschaft geworden.
Die Prager Tageszeitung „Pravo“ zweifelt an den Chancen der Nato-Intervention: Das Problem heißt nicht Kosovo, das Problem heißt Milosevic. Er war es, der die albanischen Mitbürger in eine solch hoffnungslose Lage gebracht hatte, daß ihr einziger Ausweg der bewaffnete Aufstand war. Nun versucht die Allianz mit Bomben die Quadratur des Kreises: Sie will ein unabhängiges Kosovo, ohne allerdings die Grenzen zu ändern. Ob das sinnvoll ist?
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