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■ Zum Abtritt des Engholm-Dossier-Lieferanten VöckingWie gut, daß es Vasallen gibt

Der Skandal wird schnell bereinigt: Keine zwei Wochen ist er alt, da sind schon erste Konsequenzen gezogen. Die vollmundigen Dementis der letzten Woche wurden widerlegt – nun ist der wahre Schuldige, der Staatssekretär im Bundesinnenministerium Johannes Vöcking, geständig. Ja, gab er kleinlaut zu Protokoll, er habe im Februar 1992 einer Journalistin des Springer-Verlages dienstliche Akten übergeben, aus denen hervorgehen soll, daß sich in der unmittelbaren Umgebung des damaligen SPD-Vorsitzenden Björn Engholm ein Agent des polnischen Geheimdienstes befindet.

Der Eindruck, den das auf einem Parkplatz veranstaltete Intrigenspiel bezwecken sollte: die SPD, von Spitzeln durchsetzt – ihr Vorsitzender, ein Sicherheitsrisiko. Als das Leugnen im Kanzleramt nicht weiterhalf, nahm der Beamte Vöcking auf sich, was keiner recht zu glauben vermag: daß er auf eigene Faust gehandelt hat. Der Mann, ein treuer Diener von Innenminister Seiters, hat nun die Folgen auszubaden. Er bat (freiwillig?) um die Entlassung in den einstweiligen Ruhestand.

Vöckings Behauptung, allein gehandelt und keinen im Kanzleramt informiert zu haben, kann nicht überzeugen. Unwahrscheinlich schon, daß ein so anerkannt fleißiger wie loyaler Spitzenbeamter ein so heikles Unternehmen ohne die Rückendeckung seiner Vorgesetzten unternimmt, wohlwissend, es würde ihn bei Bekanntwerden um den Job bringen. Merkwürdig auch, daß der Staatssekretär besagte Springer- Journalistin ausgewählt haben will, weil er sie von mehreren Begegnungen her kannte. Wieso wandte sich dann diese, anstatt das ihr zugespielte Material zu verwerten, entsetzt an die SPD-Spitze? Auch daß Engholm nur wenige Tage zuvor angekündigt hatte, als Kanzlerkandidat für die SPD zur Verfügung zu stehen – nur ein Zufall?

Aufgeflogene Affären kosten meist nur Spitzenbeamten, nicht aber ihren Vorgesetzten den Posten. Als 1988 in Berlin ruchbar wurde, daß der Verfassungsschutz einen Spitzel auf ein Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission angesetzt hatte, mußte der Leiter des Berliner Landesamtes, nicht der verantwortliche Innensenator den Sessel räumen. Auch als Ende 1991 der Waffendeal von Bundeswehr und Bundesnachrichtendienst mit dem israelischen Geheimdienst Mossad per Zufall aufgedeckt wurde, mußte Geheimdienstkoordinator Stavenhagen die Koffer packen, nicht aber der zuständige Verteidigungsminister Stoltenberg. Beide Male waren hohe Beamte das Bauernopfer. Dieses Mal trifft es den Staatssekretär Vöcking. Wie gut, daß es Untergebene gibt. Die halten einem den Rücken frei. Wolfgang Gast

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