■ Zu Laurenz Meyer und RWE-Sponsoring : Elite geht mit gutem Beispiel voran
betr.: Doppelverdiener Meyer, taz vom 18. 12.04, „Zittern unterm Weihnachtsbaum“, taz vom 20. 12. 04, u. a.
Hoffentlich hat Herr Meyer das Rückgrat, das er wie der Rest der CDU-Spitze beim Parteitag von H.-J. Arentz gefordert hat, auch persönlich. HORST SCHULTE, Bedburg
„Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn’ auch die Herren Verfasser; ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser.“ (Heinrich Heine)
Die von der CDU initiierte Wertedebatte richtet sich offenbar nur an das gemeine Volk. Deshalb ist es zu begrüßen, dass Ministerpräsident Peter Müller kürzlich von den politischen und wirtschaftlichen Eliten verlangte, mit gutem Beispiel voranzugehen. Dieser Appell ist durchaus berechtigt, wenn man an die aktuelle Berichterstattung über das Verhalten von Hermann-Josef Arentz und Laurenz Meyer denkt. Um das angeschlagene Ansehen namentlich der politischen Klasse wiederherzustellen, sollte mit aller Konsequenz gegen Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung vorgegangen und der Selbstbedienungsmentalität Einhalt geboten werden. Es steht nicht nur die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Politiker auf dem Spiel, sondern auch das Vertrauen in die demokratischen Institutionen.
WALTER KLUCK, Osterwieck
Ich wohne derzeit in Kalifornien und kann mit eigenen Augen sehen, welche Auswirkungen eine mangelhafte Sozialabsicherung und eine Politik, die die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert statt sie zu schließen, bewirkt. Neben den umzäunten Wohnvierteln der Besitzenden gibt es hier eine sehr große Anzahl von Menschen, die nur von der Hand in den Mund leben können. Obdachlosigkeit gehört zum Alltag und bestimmt im Dezember das Straßenbild der südkalifornischen Städte.
Dass auch in Deutschland der Trend zu immer weiterem Sozialabbau vorwiegend von Leuten betrieben wird („wir können uns das einfach nicht mehr leisten“), die sich sogar den Strom für den eigenen Haushalt „schenken“ lassen, und die so gesättigt sind, dass ihnen 130.000 DM pro Jahr kurzfristig entfallen können, ist leider eine Tatsache.
Ihr Kommentar in der taz war mutig und lässt hoffen, dass wenigstens ein paar dieser Doppelmoralisten einen Karriereknick erleiden dürfen. PETER MANZ, San Clemente, Kalifornien
Nach Bierdeckel-Merz und Gesundheits-Seehofer nun Hals-nicht-voll-Meyer. Fragt sich nur, wann Wozu-eigentlich-gut-Angela samt Wer-oder-was-issn-eigentlich-CDU endgültig von der Auch-so-genügend-voll-gemüllten-Bildfläche verschwinden. Ich würde dafür eine nagelneue Ruhe-ihrer-Asche-Kerze spenden. Vom eigenen Geld. Ährlich. OLIVER GUNDLACH, Augsburg
In Zeiten, in denen die Staatskasse leer ist, der Stabilitätspakt die 3 % jedes Mal übersteigt, bei offiziell 4,5 Mio. Arbeitslosen, wobei es mit der Dunkelziffer min. 6 Mio. sind, in Zeiten, in denen man den Bürger zur Aufrechterhaltung der Staatsaufgaben schröpft und Opfer verlangt, immer mehr Menschen am Rande des Existenzminimums liegen, ist das Vergehen von Herrn Laurenz Meyer zwar juristisch nicht zu belangen, aber moralisch nicht zu tolerieren. Jede Parteispende aus der Wirtschaft ist in solchen Zeiten ein Schlag gegen jeden, der jeden Monat versucht, aus der Arbeitslosigkeit zu kommen und den Cent 10-mal umdrehen muss, um halbwegs über die Runden zu kommen. Und dabei sollen noch 40 andere Politiker von RWE Gelder beziehen. Da fragt man sich, wenn RWE Politiker schmiert, was andere Wirtschaftskreise machen. Ist der Politiker dabei noch in der Lage, zum Wohl des Volkes zu handeln und Entscheidungen objektiv zu treffen? VOLKER UHLENBROCK, Berlin
Es fängt im Kleinen an. Als ich zum ersten Mal teilweise wertvolle Weihnachtsgeschenke von Firmen und Institutionen erhalten habe, mit denen ich (damals neu im Stuttgarter Landtag) politisch nie etwas zu tun gehabt hatte, habe ich eine Ahnung davon bekommen, welche Summen an anderer Stelle fließen müssen. Auf mein Schreiben an die Schenkenden hin, künftig doch bitte von derartigen Zuwendungen abzusehen, haben zu meiner Überraschung nicht nur etliche Firmen/Institutionen pikiert reagiert, sondern auch viele meiner Kollegen, die mich der Kleinlichkeit bezichtigten.
Und trotz „Teilzeitparlaments“ hatte ich mehr als ausreichend zu tun und keinen Bedarf an weiteren Tätigkeiten, zumal mir ein kurzer Ausflug in die Wirtschaft gezeigt hat, wie schnell man in Interessens- und Loyalitätskonflikte geraten kann, wenn die Unternehmensziele in mancher Hinsicht den eigenen politischen Zielen zuwiderlaufen, und dass man nicht gleichzeitig die Interessen der Agierenden und Kontrollierenden vertreten kann. Ich bin keine unbedingte Verfechterin des ausschließlichen Berufspolitikers, aber die Sorglosigkeit vieler (hoffentlich nicht der meisten) Mandatsträger im Bund und in den Ländern im Umgang mit Geschenken, finanziellen Zuwendungen und Nebentätigkeiten ist doch erschütternd und bedarf nicht nur einer Wertedebatte, sondern ganz offenbar rechtlicher Schranken. STEPHANIE GÜNTHER, Ex-MdL, Ihringen
In dieser Republik wird seit Jahren Politik im Interesse der Großkonzerne und zu Lasten der Durchschnitts- und Niedrigverdiener gemacht: Wegfall der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, Radikalreduktion der Körperschaftssteuer um die Hälfte, praktische Steuerbefreiung für Aktienspekulationsgewinne, Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer. Und dies – wie nicht nur die Fälle Arentz und Meyer zeigen –, weil viele sog. Spitzenpolitiker der Bundestagsparteien sich – bisher legal noch – auf den Gehaltslisten der Konzerne befinden und ihre Parteien in den Genuss großzügiger Spenden kommen und sich daher mehr oder weniger offen für deren Interessen einsetzen. Die Schröder-Merkel-Westerwelle-Einheitspolitik des Neoliberalismus und ungezähmten Raubtierkapitalismus hat mit repräsentativer Demokratie allerdings nur wenig zu tun.
JOHANNES DREISCHENKEMPER, Gladbeck
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