Zehn Jahre taz-Geschichte in Nordrhein-Westfalen – die Serie. Folge 1: Der Start 1997 : Am Anfang steht immer die Nullnummer
Große Augen, nervöses Lachen und so mancher Kloß wollte einfach nicht herunter. Im Kult beladenen Raum Sechs des Bochumer Kulturzentrums Bahnhof Langendreer wurde Geschichte gemacht. Eine neue Zeitung für alle. Ein Blatt fürs Ruhrgebiet. Die berühmte taz sollte eine regionale Ausgabe bekommen. Und alle konnten mitmachen, wie damals in Berlin. Aus heutiger Sicht scheinen die Anfänge der taz-nrw irgendwie bereits im Pleistozän zu liegen. Oder war es das Holozän? Jedenfalls liegen zehn Jahre und ein Jahrtausendwechsel hinter uns. Die Erinnerungen vergilben, wie das Papier auf dem wir gedruckt werden.
Eine Veranstaltung hatten die selbst ernannten Medienmacher im Bahnhof bereits hinter sich. Der regionale Chefdenker David Schraven hatte alle Interessierten in die Zeche Carl nach Essen gerufen. Karl-Heinz Ruch war damals schon Geschäftsführer der Berliner taz. „Nur mit Regionalisierung lässt sich die Auflage der taz deutlich steigern“, sagte er 1997 in Essen vor fast 300 applaudierenden Zuschauern. Neben ihm saßen Kolumnist Friedrich Küppersbusch und Siegfried Maruhn, damals Chefredakteur der WAZ, der die taz längst als „Erfrischungstuch“ nutzte.
Der Fisch schien also bereits geputzt, doch niemand dachte an die Gräte. Und da wurde die Hürde für die jungen Edelfedern bereits katastrophal hoch angesetzt. 10.000 Abos sollten sie erwirtschaften, forderte Verlagschef Ruch, dann erst würde sich die Sache rechnen. Doch bevor der frische Fisch schon wieder zu stinken begann, rief Poweroptimist Schraven: „Kein Problem“ und blies zur ersten Attacke auf das Land an Rhein und Ruhr.
Und da saßen die Jung-Journalisten dann mit heißen Ohren im Bahnhof Langendreer. „Am Anfang steht immer die Nullnummer“, sagte einer und damit fing das endlose Lamentieren bei Bier und Frikadellen an. Themen und Thesen schwirrten durch den Raum. Was damals noch niemand wissen konnte: Es dauerte ein mühsames Jahr, bis die erste Ausgabe der taz-ruhr tatsächlich im Druck war. PETER ORTMANN