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Archiv-Artikel

Zahl der Woche Ausgerechnet: das unglaublich wertvolle „Humankapital“

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Wissenschaftler sind gemeinhin leise Zeitgenossen – die Ökonomen haben dagegen lautstark auf das Unwort des Jahres 2004 reagiert. Die Jury sei ein „mentaler Luftverschmutzer und geistiger Totengräber unserer Volkswirtschaft“, echauffierte sich beispielsweise Klaus Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin.

„Humankapital“. Die Wirtschaftswissenschaftler verweisen darauf, dass es ein Fachbegriff ist und keineswegs Menschen „nur noch zu ökonomisch interessanten Größen degradiert“ – wie die Unwort-Jury ihre Wahl begründete.

Ökonomisch gesehen ist das Humankapital ein Bestandteil des Marktwertes von einem Unternehmen – so wie auch das Finanzkapital. Das Humankapital setzt sich aus dem Wissen, den Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter zusammen.

Damit drückt es denn auch das Leistungspotenzial des Unternehmens aus. Die Diskussion um den Begriff kann freilich ungemein versachlicht werden, wenn man sich konkrete, wissenschaftlich nachweisbare Zahlen anschaut.

Zufälligerweise am Tag der Unwortbekanntgabe hat das Institut für Wirtschaft (IW) in Köln eine Geldsumme bekannt gegeben, die das Humankapital Deutschlands beziffern soll. Doch wie kann man das Know-how eines Einzelnen, einer Firma oder einer Volkswirtschaft in Euro ausdrücken?

Das IW bezieht sich dazu auf die Ausbildungskosten, die entstünden, wenn alle Bundesbürger ihre Schul- und Berufsabschlüsse neu erwerben müssten. Dazu gehören zum einen Ausgaben für Schulgebäude, Lehrer oder Ausbilder in Betrieben. Zum anderen handelt es sich um indirekte Ausbildungskosten. Dabei nehmen die Wissenschaftler einen Einkommensausfall während der Ausbildung an – etwa das Geld, das jemand verdienen würde, wenn er statt zu studieren bereits arbeiten würde.

Drei Billionen siebenhundertfünfzig Milliarden Euro. Auf diesen Betrag ist das IW jetzt für das Jahr 1999 gekommen. Das waren 450 Milliarden mehr als sieben Jahre zuvor. „Das ist aber zu wenig, wir müssen noch ordentlich nachlegen“, sagt Reinhold Weiß vom IW. Schließlich hänge von dieser Summe die Innovationsfähigkeit des Landes ab.

Problematisch an der Zahl des Instituts ist, dass ein qualitativer Aspekt fehlt. Denn eine teure Ausbildung ist nicht zwingend eine gute. Zudem geht nach der IW-Methode die Summe des Humankapitals auch nach oben, wenn zum Beispiel die Heizungskosten von Schulen steigen. Und dann ist Humankapital kein Unwort, aber Unsinn.

SASCHA TEGTMEIER