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ZDF-Film „Die Stunde des Wolfes“Ground Control to Förster Tom

Das ZDF macht auf Märchen-Fantasy. Uns bleibt die Entscheidung, ob wir das Erzgebirgsdrama gruselig oder albern finden wollen.

Mit dem Unheil schwanger gehen: Jürgen Vogel und Silke Bodenbender als Ehepaar mit Problemen. Bild: ZDF/Sonja Rom

Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die Brüder Grimm gerade ihren 200. Geburtstag feiern. Das ZDF jedenfalls gibt sich heute ganz märchenhaft.

Allerdings wandelt das Zweite auf seinem wöchentlichen Qualitätssendeplatz eher auf den Gruselmärchen-Pfaden von Wilhelm Hauff, wobei reichlich hochhackige Schuhe zum Einsatz kommen. Selbige trägt die eben aus der Psychiatrie ausgebüxte Rebecca Thalberg (Silke Bodenbender), was nicht gerade praktisch ist, weil sie im sagenumwobenen Erzgebirge, genauer im Kaff Dippoldisberg herumturnt. Als sie dort aus dem Berliner Nachtzug fällt, muss sie ihre Schuhe zurücklassen und legt die ersten Kilometer barfuß zurück …

Natürlich halten längst keine Nachtzüge mehr in sächsischen Einöden. Aber wir sind ja in einem ZDF-Fantasy-Thriller. Der mit seiner Liebe zum Schuhwerk Maßstäbe setzt, auch wenn es um alles andere als Aschenputtel geht. Deswegen erbarmt sich Förster Tom Faller Rebecca umgehend und bringt später sogar vermutlich flugs online erstandene Wanderstiefel vorbei. Denn dieser familientaugliche Familienschocker spielt im Hier und Jetzt.

Anno 2003 ist die Glashütte der von Thalberg in Dippoldisdingsda abgefackelt, der alte Thalberg ging hops, seine Witwe haust seitdem höchst Brüder-Grimm-tauglich allein in der Fabrikantenvilla droben am Berg. Über allem liegt natürlich ein schröckliches Geheimnis. Und Rebecca macht sich jetzt, neun Jahre später, auf – in ihr ganz persönliches Manderley.

Die alte Thalberg nämlich ist zwar nicht die böse Stief-, aber Rebeccas böse Schwiegermutter. Und nicht nur in Brandenburg soll es wieder Wölfe geben. Nein, auch hier im Erzgebirge sind sie neben der dräuenden Musik und den von der Regie eingebauten Nebelschwaden immer dann zur Stelle, wenn es gruseln soll. Damit sich aber niemand zu Tode erschreckt, ist Lupus lupus natürlich nicht echt, sondern so mäßig digital animiert, dass es schon wieder neckisch wirkt.

Überhaupt kann sich „Die Stunde des Wolfes“ nicht entscheiden, was sie sein will: Märchen, Thriller oder gar lustig? Förster Faller (wie immer schön strubbelig: Ronald Zehrfeld) pflegt nämlich auch vertrauten Umgang mit einem verunfallten Goldfasan, der in seinem Schlafzimmer rekonvalesziert und später – sorry, liebe Vegetarier – im Topf endet. Oder dieser stulle Dialog mit dem von der bösen Schwiegermutter auf Rebecca angesetzten Privatdetektiv: „Sie wollen den Schlüssel zur Lösung?“, meint der. „Haben Sie ihn dabei?“, fragt Faller – und prompt zieht der einen altmodischen Schlüssel aus der Tasche. Mann, hat der ’nen Bart …

Am Ende blicken wir in tiefe Höhlen und menschliche Abgründe, das Übersinnliche überzeugt zwar nur mäßig, dafür schmeißt sich Witwe Thalberg noch mal ins kleine Schwarze und sagt bedeutungsschwanger: „Das Herz ist ein dunkler Wald, mein Kind.“ Tourismusfördernd für das Erzgebirge ist das nicht gerade.

Auch hätte man aus der Ground Control von Förster Tom, der den ganzen Stoff brav zusammenhält, mehr machen können, als ihn in „Brüderchen und Schwesterchen“-Manier auch noch als Thalberg-Halbblut einzugemeinden. Aber immerhin hat er den schönsten Satz des ganzen Films: „Die Wahrheit ist zu groß für dich, die passt nicht in deine Plastiktüte“, sagt er freundlich zu der mit leichtem Gepäck reisenden Rebecca.

Die erträgt’s natürlich trotzdem, wie im Märchen, rein und gut. Weil ihr Herz kein dunkler Wald ist. Sondern ein groß gepunktetes Sommerkleid.

„Die Stunde des Wolfes“: Montag, 20.15 Uhr, ZDF

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9 Kommentare

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  • K
    Knutsch

    Ich bin auch der Überzeugung, das dieser Film hauptsächlich oder besser gesagt ausschließlich in der Sächsischen Schweiz gedreht wurde und wohl nie selber das Erzgebirge nie gesehen hat. Aber was soll's, Wölfe wurden auch da schon gesichtet. Also ich meinte echte Wölfe. Leider sieht man so tolle kuschelige Bären wie Förster Faller alias R. Zehrfeld viel zu selten in der Gegend. Grrrrrr

  • I
    Isildur

    Sehr guter Film.

    Wenn sich manche daran stören, dass die Wölfe nicht 100% naturgemäss ausgesehen haben, oder der eine oder andere Effekt keine Berechtigung finden soll, dann sollen sie das tun in ihrem unsachlichem oberflächlichem Verstand, es sind schliesslich die kleinen oberflächlichen Dinge die den Film ausmachen (sarkastisch). Was ich besonders gut fand am Film, er schafft eine bedrückende/melancholische ja fast psychotische Stimmung wie sie nur selten und meist in skandinavischen Filmen zu finden ist. Und auch wie der ganze Film von einer Koexistenz geleitet wird und am Schluss alles zusammenläuft. Die Schauspielkunst ist einfach gehalten was es für mich aber authentischer macht als z.B. in den Hollywoodfilmen wo sie vielfach zu überladen ist.

    Die beste Stelle des Filmes meiner Meinung nach ist wo die Rebecca mit dem ..(Namen vergessen) vögelt und gleichzeitig wie beim Orgasmus knallts bei der alten Thalberg die Birne und sie erstarrt wie Stein. Ganz genial

  • S
    Sergej

    Ich finde den Film fantastisch. Das Spiel von Silke Bodenbender ist ganz überzeugend. Ich kenne diese Schauspielerin bereits von anderen (Fernseh)filmen, aber hier hat sie mich zum ersten Mal beeindruckt. Das Eintauchen in die urige Natur des Erzgebirges ist sehr erfrischend. Das Ambiente (bis auf die Wölfe) wirkt sehr echt und unverfälscht. Die Fabel ist vielleicht etwas verworren, aber am Ende scheint sie doch irgendwie plausibel.

  • K
    Klaus

    Bitte liebes ZDF lasst die Finger von sowas...der Film war so unglaublich schlecht...

  • SL
    Solid Laser

    Hallo, Film hat mir auch ganz gut gefallen; vielleicht könnte mir jemand mitteilen, wie der Originaldrehort im Erzgebirge heißt, wo das alles spielte.

  • L
    Lola

    Hier wollte man mal wieder was ganz Dolles machen und rausgekommen ist ein Film, der einen an viele andere erinnert. Die Dialoge waren oft zum Brüllen komisch, so schön hölzern. Die Wölfe aus der Mottenkiste. Die Musik so schwiemelig. Die Landschaft einzig schön und sehenswert.

  • C
    Cleopatra

    Also ik fand det jetzte janich so schlimm, wa?! Ik hab misch jegruselt und den Ronald anjeschmachtet. War doch ok der Film. So ein bischen gruseln tut sich doch jeder der durch das dunkle Erzgebirge wandert (aus Versehen natürlich).

  • F
    fotodrescher

    Ich habe aber nicht Erzgebirge, sondern - Außen - eine ganze Menge Sächsische Schweiz gesehen. Unter anderem den Königsstein, die Schrammsteine und wohl auch den Falkenstein.

  • TU
    The User

    Der Film lief bereits letztes Jahr auf Arte und ist von 2011, nicht 2012. Deutlich besser als das, was auf ZDF vermutlich gestern zur selben Uhrzeit lief ist der Film allemal, wenn auch nicht ganz großartig. Die Wölfe nerven etwas und das „wir überwinden jetzt die Psychose“ am Ende hätte man sich sparen können.