ZDF-Fernsehfilm „Lena Fauch“: Von Indien lernen heißt siegen
Veronica Ferres ermittelt als Pastorin „Lena Fauch“, was bei der Polizei schief läuft. Mit weniger Klischees könnte das eigentlich ganz spannend werden.
Dass bei der Polizei nicht immer alles nach Recht und Gesetz läuft, ist im deutschen Krimi oftmals nicht so schlimm. Im „Tatort“ etwa werden gern mal Verdächtige mit Suggestivfragen aufs Kreuz gelegt, psychisch Labile unter Druck gesetzt oder Einbrüche seitens der Polizei begangen. Konsequenzen hat das so gut wie nie. Der typische deutsche Ermittler ist ein Sympathieträger, auch wenn ihm Regeln komplett egal sind.
Der Auftakt-90-Minüter zum neuen ZDF-Montagskrimi „Lena Fauch“ bricht mit diesem Muster, indem er dem rein männlichen Sondereinsatzkommando der Münchner Polizei eine Seelsorgerin gegenüberstellt. Die evangelische Pastorin Lena Fauch (Veronika Ferres) übernimmt nach dem Tod ihres Mannes erstmals wieder einen Einsatz. Bei einem Amoklauf in einem Biergarten sterben vier Menschen. Haben die Polizisten einen davon auf dem Gewissen?
Das Einsatzteam hält zusammen, nur Fauch hakt nach. Das tut sie mit heiliger Ruhe: Schon als die Tochter des Amokschützen am Tatort auftaucht, kann sie diese mit einer einfachen Frage beruhigen, während die Einsatzkräfte hilflos danebenstehen. Damit ist gleich zu Anfang klar: Hier kommt die Sympathieträgerin.
Überraschend unsexy
Fauch alias Ferres stapft überraschend unsexy und mit großen, fragenden Augen durch die Männerwelt des Films. Damit können die hartgesottenen Polizisten schlecht umgehen: „Wenn Sie nicht so schrecklich selbstständig wären, würde ich Sie nach Hause bringen“, sagt ihr Chef bei der Polizei, Benedikt Karlstadt (Thomas Schmauser).
Doch die sich anbahnende Romanze muss mindestens bis zum zweiten Teil der Reihe warten, denn der junge Polizist Max Trautenwolf (Ludwig Blochberger) verschwindet am Tag nach dem Einsatz. Dass er traumatisiert sein könnte, will außer Fauch niemand erkennen, schon gar nicht sein dominanter Vater – das Lieblingsmotiv –, der zugleich auch Leiter des Einsatzes war. Es kommt zum Showdown zwischen Vater, Sohn und Pastorin.
Störende Klischees
Für das Chaos während der Tat und auch in allen Szenen danach findet Regisseur Kai Wessel, auch das ist für deutsche Fernsehkrimis eher untypisch, authentische Bilder. Die sehen nicht nach Studio, sondern nach deutscher Realität im Jahr 2012 aus.
Einzig die Klischees stören: Neben der klaren Trennung zwischen der mitfühlenden Fauch und den harten Jungs vom SEK wird noch eingestreut, woher die Pastorin ihr inneres Leuchten hat: In Indien hat sie sich gefunden und „nie so eine lebendige Religion erlebt“.
Von den Schwellenländern lernen heißt siegen lernen, schon klar. Doch ganz unbefleckt ist ihre Vergangenheit nicht, daran erinnert Fauchs Bruder, der frisch aus dem Knast in ihr Leben platzt. Viel Stoff also für Fortsetzungen. Es könnte spannend werden.
„Lena Fauch – Die Tochter des Amokläufers“, 8.10., ZDF, 20.15 Uhr
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