YOANI SÁNCHEZ POLITIK VON UNTEN : Die Kunst des Wünschens
Auf Kuba geben wir die Hoffnung auf das besondere neue Jahr nicht auf
Ein kryptischer, aber von Vorahnungen erfüllter Satz macht dieser Tage die Runde: Hoffentlich wird 2010 das Jahr, auf das wir alle warten!
Die Wünsche, die auf dieser Insel Kuba sprießen, richten sich vor allem auf ein Ende des Systems der zwei Währungen. Auf die Möglichkeit, frei die Insel betreten oder verlassen zu dürfen. Und auf neue Lizenzen für private Gewerbetreibende.
Weitergehende Sehnsüchte erwähnt man höchstens im engsten Freundeskreis oder in der vorsichtigen Intimität der Familie. Das sind jene Wünsche nach mehr Meinungsfreiheit, nach der Direktwahl eines Präsidenten oder der Zulassung unterschiedlicher Parteien, um das einfarbige Spektrum der kubanischen Politik um ein paar Farben zu erweitern.
Die Begierden meiner Landsleute, was den Zustand dieser Welt im kommenden Jahr angeht, sind ebenfalls drängend – und schwer zu erfüllen. Wer von den Geldsendungen aus dem Ausland lebt, betet unaufhörlich für ein Ende der Wirtschaftskrise. Eine weniger kriegerische Welt, die es unserer Regierung schwerer machen würde zu erklären, dass wir im Belagerungszustand leben, wäre Balsam nach so vielen Jahrzehnten der Verkrampfung.
Auch der Klimawandel, der uns diesen selten warmen Dezember ohne Pullover beschert, gehört inzwischen zum festen Katalog der Sorgen beim Erstellen von Jahresprognosen.
Allerdings muss ich sagen, das sich für 2010 kaum jemand überhaupt daran macht, irgendeine Voraussage abzugeben. Als ob wir in den vergangenen Jahren alle Träume, und alle Hoffnungen, schon aufgebraucht hätten.
■ Die Autorin lebt als unabhängige Bloggerin (www.desdecuba.com/generaciony) in Havanna Foto: dpa