Wuppertaler Jugend: Perspektivlos, aber weltoffen?

Was bedeutet eine offene Gesellschaft für Jugendliche? taz.meinland will es genauer wissen.

Jetzt redet die Jugend über ihre Zukunft Bild: dpa

von JAN FEDDERSEN

Weltberühmt ist die­se Stadt in zweierlei Hinsicht. Erstens, weil sie eine Schwebebahn als öffentliches Verkehrsmittel hat, zweitens wegen des Tanztheaters Pina Bauschs. Darüber hinaus gibt es jede Menge Verschattendes – und eben nicht so sehr Bekanntes.

Dass dieser Ort nicht so recht prosperiert, ist schon in den Haltestellen der Schwebebahn zu bemerken: Die Reklameschaukästen sind so gut wie leer. Es gibt offenbar keine Kultur, die um Aufmerksamkeit wirbt, keine Bekanntmachungen, die anzuzeigen es lohnt.​ 

Aber, Wuppertal ist kein Elendsnest, nur etwas aus der Zeit gefallen. Früher mal ein reiches Industrierevier, als es noch auf Produktion jenseits von Hightech, mit vielen Rohstoffen und deren Verarbeitung ankam.

„Alles tolerieren? Oder: Was uns wichtig ist“

Wann: Mo, 20.03.2017, 18.30 Uhr

Wo: Chance! Wuppertal e.V Bornscheuerstr. 30 42389 Wuppertal

Eintritt frei

Kampf ums Nötigste

Reist man mit dem ICE von Hannover kommend gen Köln, fährt man durch diese Stadt und erkennt auf Anhieb, dass dies kein Silicon Valley ist: Wuppertal, zumal in einem Arbeiterviertel wie Langerfeld, ringt um seine kommunale Zukunft, um Jobs und Betriebe.​ 

Dort, am Rande der Stadt, gibt es die Einrichtung „Chance! Wuppertal“. Sie lebt von Spenden, sie lebt vor allem für die Ärmsten – und für jene, die es mühselig haben. Thomas Willms ist der Leiter, ein Mann, der seinen christlichen Glauben an die Traditionen des Arbeiterpriestertums hängt, der eine Arbeit rund um die Uhr hat, wenig Urlaub macht und doch sehr zufrieden und achtsam scheint.

In seiner Einrichtung kämpft man um das Nötigste, weil es in der Tat nötig ist. Er erzählt, dass gerade die Flüchtlingsfrage seine Einrichtung belastet hat. Nicht Geflüchtete überhaupt, sondern der Umgang mit ihnen. Kurz: Woran hapert es, wenn zum gemeinsamen Fastenbrechen – das Haus versteht sich als überkonfessionell – auch Familien von Geflüchteten eingeladen sind, aber nur wenige kommen? Und wenn, dann nur die Männer.​

Widersprüche und Zukunftsangst

Wir sind verabredet, weil er seit vielen Jahren bei „Chance! Wuppertal“ im absolut ­nullest gentrifizierten Langerfeld arbeitet. Es ist eine Einrichtung, die sich seit Langem um Schulnachhilfe kümmert – die Schüler*innen zugutekommt, in deren Familien Bildung entweder keinen extrem hohen Wert hat oder schlicht die Mittel für den Nachhilfeunterricht fehlen.​

Es ist eine christliche Einrichtung, katholisch – und das mitten im evangelischen Gebiet. „Die Jugendlichen von heute sind diejenigen, die morgen unsere Gesellschaft, unseren Planeten gestalten“, erklärt Thomas Willms. Aus diesem Grund sei es wichtig, gerade mit jungen Menschen über ihre Vorstellungen einer offenen Gesellschaft zu diskutieren.

Denn es gibt Widersprüche. Immer wieder würden in der Einrichtung in Wuppertal Zweifel geäußert: „Wir können doch nicht alle hier aufnehmen.“ Oder: „Die Alten lassen uns nicht zu Wort kommen.“​

Wie gehen die Jugendlichen mit ihren Realitäten und Widersprüchen um? Welche Träume und Hoffnungen setzen sie auf die Zukunft? Hat ihre Toleranz Grenzen? Das wollen wir gemeinsam herausfinden.​