Wuppertal auf Trinkersuche

Fußball-Regionalligist Wuppertaler SV entlässt seinen semi-erfolgreichen Trainer Werner Kasper. Auslöser war dessen vorzeitige Flucht von der vereinsinternen Weihnachtsfeier. Präsident Friedhelm Runge lud darauf hin zum Kater-Frühstück

„Kein Zeichen grenzenloser Identifikation mit dem Verein“

AUS WUPPERTALTHOMAS BESCHE

Wer sich mit Friedhelm Runge einlässt, muss wissen, dass der wenig zimperliche Präsident des Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV Borussia auch vor unchristlichen Maßnahmen in christlichen Zeiten nicht zurückschreckt. Als Letzter musste das sein ehemals leitender Angestellter, Trainer Werner Kasper, erfahren. Kurz vor dem Fest der Liebe ging Runge zu Kasper und beendete am Montag mal eben dessen halbjähriges Engagement beim WSV. Runges Adlatus, der sportliche Leiter Dietmar Grabotin, erklärte den Vorgang offiziell mit „unterschiedlichen Auffassungen“ beider Parteien.

Was jetzt erst bekannt wurde: Auslöser dieses Aktes der Nächstenliebe war die Weihnachtsfeier des Vereins im unternehmenseigenen Kasino. Kasper machte sich dort sehr zum Unwillen der Führungsetage bereits gegen 22.15 Uhr mit seiner Lebensgefährtin auf den Heimweg – nüchtern, versteht sich. Die ehrliche Begründung Kaspers: Seine Freundin führe seit kurzer Zeit eine Gastwirtschaft in Herten. Für heute habe sie Personal geordert, um selbst an der WSV-Feier teilnehmen zu können. Gegen 23 Uhr müsse das Ersatz-Personal allerdings abgelöst werden. „Wir mussten einen Kompromiss finden“, kommentierte Kasper die Aktion.

Kompromisslos interpretierte der wieder nüchterne Friedhelm Runge am nächsten Tag Kaspers Verhalten: Es sei „nicht eben ein Zeichen grenzenloser Identifikation mit dem Verein“, dass Kaspers die Festlichkeiten so zeitig verlassen habe. Noch am Nachmittag wurde Kaspers Entlassung im Kreise aller sportlichen Verantwortlichen feierlich begossen. Treibende Kraft war dabei Dietmar Grabotin, der auch den Rausschmiss des Trainers bei einer Pressekonferenz am Montag verkündete. Dabei schien er aber noch immer nicht dessen korrekten Namen verinnerlicht zu haben. Egal, „Werner Kaspers“ sei jedenfalls nicht mehr Trainer des WSV.

Kasper hatte von Anfang an einen schweren Stand. Nach dem Sommertheater um seinen entlassenen Vorgänger und Fanliebling Georg Kreß war der ursprünglich für die fusionierte Oberliga-Mannschaft vorgesehene Kasper über Nacht zum Chefcoach aufgestiegen. Doch bei den Fans kam der Ex-Co-Trainer von Peter Neururer nicht an. Der Schatten von Kreß war zu lang für den 52-Jährigen. Höhepunkt der nach oben offenen Unbeliebtheitsskala war das letzte Saisonspiel des WSV in diesem Jahr, als in einem erbärmlichen Kick nach dem 1:0-Siegtreffer gegen Union Berlin erneut „Kasper-raus“-Rufe durchs Rund schallten. Doch davon ließ sich Runge, bekannt als dickköpfiger Unternehmer, zunächst nicht beirren. Er wollte Kasper eine weitere Chance geben, kündigte aber an, dass nach einer unbefriedigend verlaufenden Hinrunde (Platz 12, nur drei Punkte Abstand auf einen Nichtabstiegsplatz) „alles auf den Prüfstand“ komme. Dazu gehörte auch der von Runge oft angemahnte Trainingsumfang. Seinen Leitspruch „Wer mehr erreichen will, muss auch mehr tun“ sah er nicht konsequent umgesetzt. Mehr Trainingseinheiten am Vormittag hielt Kasper jedoch nicht für sinnvoll, weil der nicht nur aus Vollprofis bestehende Kader des WSV nicht komplett anwesend sein konnte.

Einen neuen Trainer gibt es am Zoo-Stadion noch nicht, als heißester Kandidat gilt jedoch der Wuppertaler Holger Fach, vor Wochen geschasst bei Borussia Mönchengladbach. Fach wird unter den öffentlich genannten Namen als Nummer eins gehandelt, da ihm sowohl von Runge als auch Grabotin ein Höchstmaß an Kompetenz bescheinigt wird. Allerdings müsste sich Fach noch mit seinem alten Arbeitgeber finanziell einigen. So lange brodelt die Gerüchteküche mit weiteren Namen wie Frantisek Straka oder Peter Vollmann weiter. In den Internetforen wird dies nicht ohne Ironie verfolgt. „Nehmt mich“, lautet das Angebot eines Fans. „Ich gehe bei einer Weihnachtsfeier garantiert als Letzter.“