Wochenübersicht: Kinderhort : Winkelmaiers suchen nach den schönsten Spielsachen
Es gibt Tage, da werden Unternehmungen vorstellbar, die man noch gestern strikt abgelehnt hat: bei Regen spazieren gehen etwa oder ein Saunabesuch, obwohl man niedrigen Blutdruck hat. Jetzt ist die Zeit, da raschelt man mit den Schuhen durch frisch gefallenes Laub und fragt sich, wann man das letzte Mal Drachen steigen lassen war. Und ob das Kind nicht endlich mal erleben sollte, wie die Lenkschnur in der Hand zuckt, wie ein Stück offener Himmel aussieht.
Es muss länger her sein. Der Drachen findet sich nicht. Dann fällt einem ein, dass das Kind ihn vor zwei Jahren auf dem Feld am Stadtrand einfach losgelassen hat, dass man geschimpft und sich vorgenommen hatte, nie mehr halsbrecherisch vor den Augen des Kindes über Stoppelfelder zu rennen. Das ist lange her. Jetzt ist die aktuelle Aboprämie der taz (10 Wochen für 50 €) ein 1-a-Lenkdrachen mit Nylonsegel und Fiberglasgestänge. Den und das Kind nehmen und die einschlägigen Drachensteig-Locations aufsuchen! Klar, man könnte immer die Heerstraße runter zum Teufelsberg im Grunewald fahren, da ist immer Wind. Aber da sind auch immer publikumsgeile Drachenfreaks. Und die nerven. Alternativen bieten sich jede Menge, denn diese Stadt ist nicht nur Kreuzberg/Friedrichshain. In den Hügeln von Marienfelde etwa steht man seit Jahrzehnten im Ost-West-Drachendialog: Hier, in Mauernähe, fand schon vor 1989 das Drachenfestival statt. Die Ost-Drachensteiger ließen damals auf ihrer Seite die Leinen los.
Im Reinickendorfer Ortsteil Lübars hat es einen wunderbaren Berg. Drachensteigen ist hier mit einem gigantischen Ausblick auf das Märkische Viertel verbunden. Und im Spandauer Ortsteil Staaken kann man gar 67 Meter auf den Hahnenberg steigen.
Scheiß auf den wegfliegenden Drachen– das Kind wird einen lieben für diesen Herbsttag.