Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Wen die momentane Hitze ins Wachkoma versetzte, kann sich zu den Ruinen von Honeckers Palast der Republik transportieren lassen. Dort, bzw. im BKA-Zelt davor, setzen zurzeit die südafrikanischen „Gumboots“ noch im phlegmatischsten Phlegmatiker explosionsartige Adrenalinschübe frei. Regisseur und Choreograf Zenzi Mbuli hat den schuhplattlerinspirierten Gummistiefeltanz südafrikanischer Minenarbeiter zu einem ziemlich spektakulären Rhythmus- und Tanzevent gemacht. Was wohl Erich Honecker zu diesem Beitrag zur internationalen Arbeiterkultur gesagt hätte? Wer es lasziver liebt, dem sei die Bar Jeder Vernunft empfohlen, wo ab morgen der neue Abend von Georgette Dee zu hören und zu sehen ist: „Ich bin zu müde, um schlafen zu gehen“. Feinste Barmusik wird von der Dee versprochen, die ohne ihren langjährigen Pianisten Terry Track, dafür mit neuem Bassisten Jürgen Attig auftritt. So kann man sich durchs Sommerloch treiben lassen, das ohne das Hexenkessel Hoftheater noch tiefer wäre. Diese Woche gibt es auf der Sommerbühne im Monbijoupark Shakespeares „Wintermärchen“. Immer wieder schön ist auch ein Stegreif-Theater der besonderen Art, das vornehmlich auf dem Kurfürstendamm zu sehen, aber nicht auf den ersten Blick als Theater zu erkennen ist. Zunächst nämlich sehen die improvisierenden Schauspielgruppen wie ordinäre Hütchenspieler aus. Nur wenn man länger zusieht, merkt man, wie wohlgecastet die vermeintlichen Mitspieler sind. Ein Geschäftsmann, eine Hausfrau sind immer dabei. Zu Spezialevents finden sich passende Darsteller spezieller Berlinbesucher-Populationen ein, also Fußballfans, Kirchentagsbesucher oder simple Touristen – um deren reale Pendants zur Teilnahme an einem Spiel zu verlocken, das nur gewinnen kann, wer es ausschließlich als Schauspiel nimmt.