Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Weihnachtszeit, Theaterzeit. Das war schon immer so, und in unsicheren Zeiten hält man besonders gern an Traditionen fest. Zum Beispiel im HAU, wo es in dieser Woche das Kinder- und Jugendtheaterfestival „Heidi Goes Christmas“ gibt. Es beginnt mit der berühmten Geschichte des Schweizer Waisenkindes Heidi. Außerdem zeigt Sebastian Nübling seine mit jugendlichen Laien und Schauspielern erarbeitete Theaterfassung von Lukas Moodysons Film „Fucking Amal“, der Geschichte einer ersten (lesbischen) Liebe in einer schwedischen Kleinstadt. Auch das Gripstheater hat vor kurzem eine Inszenierung des Stoffes herausgebracht. Schließlich zeigt die italienische Truppe „Societas Raffaelo Sanzio“ Chiara Guidis Inszenierung des alten französischen Märchens „Buchettino – Der Däumling“ in deutscher Sprache. Und weil keine Bühne, die etwas auf sich hält, heute ohne Theorieapparat auskommt, ergänzen die „norton.commander.productions“ mit ihrer Arbeit „Märchen: Naive Fragen-Komplexe“ das Programm, die Märchen im Hinblick auf Fragen der Ökonomie und Arbeitsverhältnisse in Filmsequenzen und Performances neu erzählen will. Komplex ist auch das Thema, dem sich die Weihnachtsproduktion der Volksbühne gewidmet hat. Es geht um die Schwarzbäuchige Taufliege, Fachleuten auch unter dem Namen Drosophila Melanogaster, dem Volk schlicht als Fruchtfliege ein Begriff. Und zwar nicht nur als sommerliche Belästigung, sondern auch als erste Erkenntnisquelle der Genforschung über die Anordnung der Gene in den Chromosomen. „Die Fruchtfliege“ heißt auch der Theaterabend von Christoph Marthaler, der sich mit der Liebe oder besser gesagt ihrem Tod auseinander setzt und sich zu diesem Zweck Phänomene wie Zeit, Liebe und Erinnerung durch das Facettenauge der Fruchtfliege näher betrachten will.