: Wo sind wir denn eigentlich?
betr.: „So klappt’s mit dem Muslim“, taz zwei vom 20. 11. 04
Der „Knigge für ein besseres Zusammenleben …“ kann hoffentlich nur als komplette Satire gemeint sein, andernfalls muss man sich stöhnend an den Kopf fassen bei den Auskünften der vier jungen Leute der „2. Generation“.
Alle vier „erklären“ die pseudoislamischen schizophrenen Moralvorstellungen „ihrer“ Kultur lapidar mit einem augenzwinkernden Schulterzucken nach dem Motto: „Bei uns ist das halt so.“ Durchweg ist der Tenor ihrer „Auskünfte“ zu den angesprochenen Konfliktfeldern: „Zwar können Sie schon einem (muslimischen) Mann direkt in die Augen schauen, einen Minirock tragen (aber besser nur tagsüber), ein „Männercafé“ betreten, Eltern auf die „Befreiung“ ihrer Töchter vom Sportunterricht ansprechen (aber lieber nur als Muslim) oder sich oben ohne auf dem Balkon sonnen, aber Sie dürfen sich dann nicht wundern, wenn … sie den Zorn der gesamten türkischen NachbarInnen auf sich ziehen, die ihren Männern das Ausleben ihres starken Sexualtriebes traditionell verzeihen etc. etc. Am schönsten sind noch die Verhaltenstipps angesichts einer ödipal-paranoiden Macho-Gang, sie ähneln denen bei der Begegnung mit Hunden: Keine Angst zeigen, das macht sie nur noch aggressiver. Und passen Sie bloß auf, wie Sie gucken! Da kann ich nur fragen: Wo sind wir denn eigentlich!? Die Existenz einer solchen Wahrnehmung von der Welt und ihrer Tradierung inmitten unserer Gesellschaft festzustellen ist das eine, sich in seinem Verhalten aber auch noch rücksichtsvoll darauf einzurichten, damit „es besser klappt“ – und das heißt nichts anderes, als dass diese kruden Vorstellungen unhinterfragt beibehalten werden können –, ist das andere und kann wohl nicht im Ernst verlangt werden! KATHRIN EITH, Jena