Wirtschaftskrise: Auf Kuba werden Lebensmittel knapp
Zu wenig Devisen für Milchpulver, Zucker oder Kaffee: Die kubanische Regierung ist kaum noch in der Lage, lebenswichtige Produkte zu importieren.
"Milchpulver, Zucker und auch Kaffee sind in den Devisen-Supermärkten der Regierung immer wieder knapp", erklärt Miriam Leyva. Die unabhängige Journalistin ist die Frau des kubanischen Ökonomen Oscar Espinosa Chepe. Der sieht Kuba an einem Wendepunkt angekommen: "Ökonomisch steht der Insel das Wasser bis zu Halse. Um rund 38 Prozent wurden die Importe im letzten Jahr eingedampft, und in diesem Jahr werden sie noch weiter sinken", prognostiziert der 69-jährige Oppositionelle.
Die Regierung in Havanna ist kaum mehr in der Lage, die lebensnotwendigen Produkte zu importieren: Immer öfter klaffen Löcher in den Regalen der staatlichen Supermärkte. Und auf den Märkten in Havanna klettern weiter die Preise, denn Kubas Landwirtschaft kriegt nicht die Kurve.
Alarmierend sind die Ernteergebnisse von Kaffee, Tabak und Zucker. Bei Kaffee fiel der Rückgang besonders deutlich aus. 90 Prozent weniger, lautete die Erntebilanz 2009. Das zwar war auch der verheerenden Hurrikansaison mit gleich drei Wirbelstürmen, die die Insel verwüsteten, geschuldet, aber die negative Tendenz setzte sich 2010 beim Zucker fort. Nicht viel mehr als 1 Million Tonnen Zucker wurden in diesem Jahr auf der ehemaligen Zuckerinsel geerntet - das schlechteste Ergebnis seit mehr als einhundert Jahren, schrieb die Parteizeitung Granma.
Ohnehin ist die Landwirtschaft seit Jahren das Sorgenkind der kubanischen Wirtschaft. Trotz aller Reformen und Reförmchen der letzten Jahre weist sie eine sinkende Produktivität auf, wodurch die Abhängigkeit von Lebensmittelimporten gestiegen ist. 2008 wurden Lebensmittel im Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar importiert. Doch dafür fehlt der Regierung in Havanna seit dem Frühjahr 2009 das Geld. Also wurden die Konten von ausländischen Unternehmen, Handelshäusern wie Joint-Venture-Unternehmen, eingefroren, um sich die nötige Liquidität zu sichern. Zwar wurden die Konto vieler Unternehmen nach einigen Monaten wieder freigegeben, aber dies sei längst nicht bei allen der Fall gewesen, sagt Jürgen Niklaus von der Stefan Messer GmbH. Die Firma produziert in Kooperation mit staatlichen Unternehmen Industriegase in Kuba und konnte in den letzten Monaten ihre Gewinne ungehindert transferieren.
"Gleichwohl sucht Havanna händeringend nach Krediten, um Zahlungsprobleme und Liquiditätsengpässe zu überbrücken", so Omar Everleny Pérez. Der Ökonom des Studienzentrums der kubanischen Wirtschaft (CEEC) berät gemeinsam mit seinen Kollegen die Regierung bei den anstehenden Wirtschaftsreformen. Weniger Bürokratie und mehr Flexibilität in der Eigentumsfrage sind dabei, so Omar Everleny Pérez, zwei wesentliche Dinge.
Aber für die Umsetzung von Reformen fehlt es an Kapital. Deshalb sind Unterhändler aus Havanna in den Bruderstaaten wie Venezuela und China unterwegs und ersuchen um einen Milliardenkredit. Doch Pérez ist wenig optimistisch, dass Kubas Unterhändler großen Erfolg haben werden. Deshalb versucht die Regierung von Staatschef Raúl Castro, die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern. Die angekündigte Freilassung von 52 politischen Gefangnen ist eine Geste Havannas gen Brüssel. In Handelskrediten und Handelserleichterungen aus Brüssel könnte sich das niederschlagen, hofft Omar Everleny Pérez.
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