■ Wir lassen lesen: Schönheitsfehler im schönen Kalender
Taschenkalender passen hinten in die Jeans und bieten Lektüre für unverhofft einsame Momente. Dazu gehören auch Halbzeitpausen von Fußballspielen, wenn man durch Zufall allein im Stadion sein sollte. Was liegt näher, als den boomenden Kalendermarkt mit einem Werk zum Fußball zu beliefern? Der Göttinger Werkstatt- Verlag, der sich mit einer ambitionierten Fußballreihe verdient machte und schon diverse Taschenkalender in seinem Programm führt, hat jetzt Dietrich Schulze-Marmeling, Verfasser einiger Bücher zum Thema, auf die Redaktion eines solchen angesetzt. Man darf also einiges erwarten.
Im Kalendarium finden sich als Tageseinträge zum Beispiel die höchsten Niederlagen der deutschen Nationalmannschaft und, leider zu wenig, Fußballergeburtstage (das läßt sich in den nächsten Jahren gewiß ausbauen – ein Tip: der Rezensent teilt seinen mit Katsche Schwarzenberg und Helmut Kohl). Im redaktionellen Teil stehen interessante Geschichten über die anstehende Weltmeisterschaft in den USA, ein Porträt des DFB-Präsidenten Egidius Braun und noch ein bißchen mehr. Hinten im Serviceteil findet man einen ausreichend großen privaten Adreßteil sowie viele nützliche Anschriften von Sport- und Presse-Einrichtungen; auch die aktuellen Posttarife und die Schulferien wurden nicht vergessen.
Also nur Lob? Nein, denn im Vorwort steht, es gebe da im Erstlingswerk ein paar unvermeidbare Defizite, die wir alle helfen sollten, zu beheben.
Nun denn. Defizite stemmen: „Otto Rehagel“, der auf Seite 172 sagen darf, er sei Realist, der beste Fußball werde auf Dauer nur da gespielt, wo das meiste Geld sei, heißt nun einmal Rehhagel, wie hagelnde Rehe. „Fifa“- Präsident Sepp Blattler (S.38/39) heißt Blatter und ist Fifa-Generalsekretär. Der erste Sportschau-Moderator „Hans Huberty“ heißt Ernst (Eintrag 4.Juni – dummer Fehler, Dietrich, ist wirklich peinlich). Der Offenbacher Ligaskandal-Enthüller „Horst Gregorius Canellas“ (6.Juni) heißt Gregorio und „Peppi Uridil“ (11. Juni) Pepi.
Unklar ist auch der Eintrag am 13. Juni: „1986: Dänemark (Sepp Piontek) – BRD 2:0...“. Hat Piontek die Tore geschossen, gehört ihm der Staate Dänemark, oder was? „Toni Schuhmacher“ (8. Juli) heißt Schumacher, der „CF Barcelona“ (22. Oktober) wurde als FC Barcelona gegründet. CF hieß er zwangsweise nur während des Franco-Faschismus. Hansa Rostock wurde 1991 weder DDR-Fußballmeister noch DDR-Pokalsieger (S.198f.), weil es da, siehe Kalendereintrag am 3. Oktober, die DDR nicht mehr gab.
Soweit die Anregungen für die 95er Auflage. Martin Krauß
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