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■ Willkommen auf dem Ford Starship '94Härtetest im Stahlsarg

Düsseldorf (taz) – Für alle, denen die Sommerhitze noch nicht backofenmäßig genug ist und, japsend im Ozonsmog, nichts reizvoller erscheint als eine innige Umarmung mit dessen Hauptverursacher, dem Automobil, hat sich die Ford AG jetzt etwas Schönes ausgedacht: Sie lädt, bei freiem Eintritt, auf ein großes, mit allen Errungenschaften des Spätfordismus vollgestopftes Ausstellungsschiff, das „Ford Starship '94“.

Der 50-Meter-Kahn klappert derzeit verschiedene Rheinstädte ab, so wie das vor Jahren schon Greenpeace mit ein wenig anderer Thematik vorgemacht hat. Später wird die „phantastische Auto- Show“ auch noch am Neckar und an der Donau grasen. Die ehrgeizige Süßwasserexpedition beweist einmal mehr, wie recht doch der Werbeslogan hat: „Ford. Die tun was.“ Im Unterdeck darf sich der Besucher durch eine Multimedia- Ausstellung rund um Ford-Technik, Schönheit, Sicherheit schlängeln. Auf Monitoren, mit denen wahrlich nicht geknausert wurde, dürfen wir glücklichen Designern über die Schulter gucken oder erleben, wie weich es sich in einem Airbag landet. Aus Vitrinen lachen uns verbeulte Kotflügel („Eine Karosserie, die Leben rettet“) und benutzte Dummies an. Eine etwas verwirrende Geräuschinstallation soll demonstrieren, welch Ohrenschmaus das Fordfahren ist, jedenfalls für den Insassen. Nebenan hantiert ein Industrieroboter – dezenter Hinweis auf die 4.000 abgebauten Ford-Beschäftigten des letzten Jahres – flink mit Holzklötzen. Etwas düster ist das Ambiente hier unten im Schiffsbauch schon geraten, die Entzifferung der Schrifttafeln wird zum echten Härtesehtest, alles erinnert irgendwie an eine Geister- oder besser gesagt Höllenbahn. Brütende Hitze im Stahllabyrinth. Eine Hostess fächelt sich verzweifelt Luft zu.

Wenigstens muß sie nicht an der Folterfahrt im beweglichen Flugsimulator teilnehmen – der Hauptattraktion an Bord. Der unerschrockene Gast nimmt in einer Kabine Platz, fühlt sich per Film virtuell auf Stecknadelkopfgröße zusammenschrumpfen, und schon startet die rasende Reise durch das Innenleben eines 16-V-Motors, unterstützt durch sehr reale, rüde Schwenks und Zuckungen der Hydraulik. Da finden die schweißnassen Hände kaum noch Halt an den Griffen, und jede Milchtüte wäre am Ende garantiert stocksauer. Nachdem man, Aug' in Aug' mit den einherfliegenden Benzintröpfchen, auch die verheerende Explosion im Verbrennungsraum überstanden hat, landet man nicht etwa als Dioxinpartikel im Sommerhimmel, sondern wieder heil im freundlichen Ford-Labor, wird auf Normalmaß vergrößert und darf endlich aus der epileptischen Backröhre klettern.

Ab jetzt ist alles reine Erholung. Zwei polierte PKW-Prototypen warten auf Namensvorschläge („sollte Ihr Namensvorschlag in irgendeiner Weise verwendet werden, so bestehen für Sie keinerlei Rechte“), im Mitteldeck kann der Formel-1-Motor, mit dem Michael Schumacher noch immer nicht verunglückt ist, bestaunt werden. Mondeo, Escort, Scorpio und wie sie alle heißen, verbreiten gepflegte Autosalonatmosphäre, und auf einer Großvideowand stäuben diverse Fords stolz und einsam durch romantische Landschaften, getrieben von einer Musik aus Kraft mal Sehnsucht.

Oben auf dem Sonnendeck hat ein Ausschank geöffnet. Plötzlich taucht ein Spaßvogel in Badekappe und Ringelanzug auf, unterm Arm ein Aufblaskrokodil, und fragt, wo's hier zum Schwimmbad geht. Ja, die tun was, die von Ford. Sogar für die Kultur. Olaf Cless

Starship-Tourdaten: Bonn 5./6.7., Koblenz 8.7., Mainz 10.7., Wiesbaden 12./13.7.

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