Wiener Krimi im ZDF: "An Steck'n habt's im Popo"
Der beste österreichische Fernsehkommissar heißt Wolfgang Böck. Ihn unsynchronisiert aufs Volk der TV-Piefkes loszulassen, traut sich indes kein deutscher Sender.
Das "Piefke-Saga"-Genre ist natürlich so ein ganz alter Hut aus der Mottenkiste der Fernsehunterhaltung. Es funktioniert einfach zu gut. Der steife, pedantische, überkorrekte Spießer-Teutone unterwegs in Ösi-Land, reinen Gewissens besserwisserisch und doch offen für Land Leute – warum sind die ihm gegenüber nur auf so merkwürdig penetrante Weise reserviert?
Oder wie es der als gebürtiger Rheinländer in Österreich – ausnahmsweise – reüssierende Moderator und Autor Dirk Stermann ("Stermann & Grissemann") formuliert: "Ich hatte keine Meinung zu den Österreichern. Aber womit ich nicht gerechnet hatte: Jeder Österreicher hatte eine Meinung zu den Deutschen."
Wobei es natürlich einen nicht zu unterschätzenden Unterschied macht, ob man sich wie die "Saga"-Piefkes ins Provinzidyll nach Tirol begibt – oder nach Wien, in die kaiserliche Residenzstadt der Habsburger. Da kommt dann nämlich noch der Wiener Schmäh ins Spiel, diese melancholisch-ironische Misanthropie sui generis. Da versteht der das Durch-die-Blume-Sagen und Zwischen-den-Zeilen-Lesen nicht beherrschende Piefke nur noch Bahnhof. Wenn er denn überhaupt die verwendeten Vokabeln kennt.
Der Piefke (Florian Bartholomäi) aus "Willkommen in Wien" kennt sie oft nicht, begreift nicht, dass er ein sich aufbemmerlnder Marmeladinger ist, redet nur Gschisti Gschasti, hat von Schnackseln und Pudern keine Ahnung. Er ist ein Wappler im depperten Gwandl, der ständig am Watschenbaum rüttelt, wenn er als Kieberer die Pülcher und Taschlziega, die Bagasch aufzuplattln sich vergeblich bemüht.
Auf den hat so einer wie der Schuh (Wolfgang Böck) gerade gewartet. Er und der Rudi (Johannes Silberschneider) nehmen ihren neuen Kollegen erst mal nicht für voll, er ist eben ein Piefke: Rudi: "Vielläächt is ja wegen dem Steckl." Piefke: Bitte?" Rudi: "Na im Hintern! Aber brauchst nicht traurig sein – den hom alle Deutschen, nicht nur du." Piefke: "Das versteh ich nicht." Schuh: "Was gibts da nich zum Verstehn? An Steckn habts im Popo. Unlocker seids!"
Dann wird der Rudi erschossen – er ist nicht das erste Mordopfer in dieser, Nikolaus Leytners (Buch und Regie) Variante der "Piefke-Saga", die ein Krimi ist. Die Kieberer – Polizisten – Schuh und Piefke sind ein Duo, das mehr als nur ein bisschen an René und François, an Philippe Noiret und Thierry Lhermitte in "Les ripoux" / "Die Bestechlichen" erinnert.
Von nix kommt nix
Der Schuh hält in seinem Revier die Hand auf, steckt auf seiner Runde einen Umschlag nach dem anderen in die Tasche – und besteht darauf, dass es sich dabei um "Kouväärs" handelt: "Das ist ein Geben und Nehmen, Flocki. Von nix kommt nix." Der Piefke ist empört – "Ich werd mich nie so korrumpieren lassen! Nie!" -, verlangt vergeblich Schuhs Suspendierung - und ist trotzdem bald Schuhs einzige Hilfe. So kommen sie auf die Spur des Mörders, und zu Schuhs Schmäh gehört eben auch, dass für ihn sein eigenes Leben weniger zählt als das: "Ihm unbedingt a poar in die Goschn haun. Höchstpersönlich."
Übrigens sollte Wolfgang Böcks "Trautmann" (zehn Filme) auch schon mal zum ORF-"Tatort"-Kommissar befördert werden – er wäre ein so viel besserer "Tatort"-Ermittler als der langweilige Krassnitzer-Eisner.
Die deutschen Partner von der ARD waren aber nicht einverstanden – wegen Böcks zu starkem Wiener Dialekt. Auch das ZDF will seinen Zuschauern die Hardcore-Version von "Willkommen in Österreich" nicht zumuten und zeigt eine teilsynchronisierte Fassung - "die auch von Deutschen verstanden wird".
"Willkommen in Wien", 30.5., 20.15 Uhr, ZDF
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