: Wer ist nicht regierungsfähig?
betr.: „Die Trotzige“, „Es ist inakzeptabel, sich derart einzumauern“, Interview mit Gerrit Richter, taz vom 31. 3. 08
Meine Lieben, mir scheint, ihr lest zu viel Zeitung und glaubt dann auch noch, was drinsteht. Dass sich die Medien darauf geeinigt haben, Ypsilantis „Wortbruch“ anzuprangern und die „arme Dagmar Metzger“ zu bedauern (worüber man ja unterschiedlicher Meinung sein kann), hat Gründe, die ihr nicht teilen solltet. Was ficht euch an, einem rechten SPDler Raum für seine Krokodilstränen zu geben, die er darum vergießt, dass die Hessen-SPD in ihrer Mehrheit – Gott sei dank – gegen eine Koalition mit der CDU ist? Überlasst das doch der Financial Times und der Berliner Morgenpost, die machen dergleichen sehr schön, und es ist auch in ihrem Interesse. In eurem aber nicht. Es kann euch doch nicht unbekannt sein, dass sich kaum ein taz-Leser finden wird, der traurig darüber ist, dass die SPD in Hessen nicht mit Koch koalieren will. Wenn Ypsilanti es tatsächlich noch schafft, ihre Politik von gebührenfreiem Studium und der Förderung erneuerbarer Energien zu realisieren, wird es zumindest mich wenig interessieren, ob sie auf dem Weg dahin jederzeit „bella figura“ gemacht hat.
Wenn ihr was lesen wollt, lest doch nicht die Kollegen, sondern lieber die alten tazzen. Denn es ist zwar sehr richtig, dass diese „Nie mit der Linken“-Aussage von Ypsilanti von vornherein ungeschickt war – das Wahlergebnis war ja absehbar –, der Ansicht wart ihr vor der Hessen-Wahl aber nicht. Alle taz-Kommentatoren fanden damals, die Absage gehe in Ordnung, denn die Linke sei ja „nicht regierungsfähig“. Na und, wer ist es jetzt, der nicht regierungsfähig ist?
ANJETTA CHRISTNER, Berlin