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Archiv-Artikel

Welch naive Vorstellung

Betreff: „Syphilis mal drei“, taz-bremen vom 5.10.

In einer Zeit, in der die Finanzen die Inhalte bestimmen und nicht umgekehrt, verwundern die ansteigenden Zahlen von sexuell übertragbaren Erkrankungen eher weniger. Unter Prävention versteht man zudem mehr als die Möglichkeit, sich kostenlos beraten und untersuchen zu lassen. Wer die Öffnungszeiten der Aids/STD-Beratung des Gesundheitsamts im Internet recherchiert, wird auf die Termine Mo/Di 9-12 Uhr und Donnerstags 14-18 Uhr (und nach Vereinbarung) stoßen. Das wären, bei einer Beratungszeit von 15 Minuten und maximaler Auslastung, 40 Beratungen die Woche, vielleicht 3.000 Beratungen im Jahr und somit nicht einmal ein Prozent aller sexuell aktiven Bremer BürgerInnen. Die Behauptung aus dem Bremer Gesundheitsressort, die Infektionswege seien hinreichend bekannt, mutet geradezu naiv an. Es nützt auch nicht viel, wenn die Infektionswege im Gesundheitsressort bekannt sind, sie müssen es in den Hauptbetroffenengruppen sein. Wer einmal „vor Ort“ war und Aufklärungsveranstaltungen zum Thema Übertragungswege und Prävention durchgeführt hat, wird davon berichten können, dass das Informationsniveau diesbezüglich erschreckend gesunken ist. Präventionsarbeit wird halt nicht einmalig geleistet und ist dann auf Dauer verankert. Bremen hat sich unter anderem auch mit der Einstellung der Förderung der Aids-Hilfe davon verabschiedet. Pikantes Detail: Allein aus den Zinsen der 500.000 Euro für die Grass-Stiftung hätte man mindestens eine halbe Präventionsstelle auf Dauer schaffen können. Thomas Fenkl, Aids-Hilfe Bremen e.V.