: Weiterhin Proteste
DGB sagt Berliner Demo gegen die Richtlinie nicht ab
BERLIN taz ■ Trotz des Kompromisses zur Europäischen Dienstleistungsrichtlinie sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine Demonstrationen am Samstag in Berlin und am Dienstag in Straßburg keineswegs ab. „Die Demonstrationen sind wichtiger denn je“, sagt der DGB-Bundesvorsitzende Michael Sommer.
Es zeichne sich zwar eine Einigung ab, doch das Problem sei noch lange nicht vom Tisch. Am 16. Februar muss die Richtlinie erst mal tatsächlich vom Parlament verabschiedet werden. „Und der Kompromiss ist weiterhin umstritten“, sagt Sommer. Wenn das Parlament zustimme, müsse der Entwurf auch noch von der EU-Kommission verabschiedet werden. Dieses Gremium sei aber weitgehend neoliberal und konservativ geprägt. Da müsse man weiter Druck machen. „Schließlich zeigt schon die Diskussion um die Arbeitszeitrichtlinie, dass sich die Kommission nicht unbedingt an die Entscheidungen des Parlaments hält“, sagte der DGB-Chef.
Gesetzgeber in der Europäischen Union ist dann letztlich der Ministerrat. Dieser sei aber noch mehrheitlich für das jetzt vom Parlament gestrichene Herkunftslandprinzip. „Da kommt noch einiges an Arbeit auf uns zu“, erklärte der DGB.
Darüber hinaus ist man sich beim Gewerkschaftsbund noch gar nicht sicher, wie der Kompromiss im Einzelnen zu bewerten ist. „Das ist ein riesiges Gesetzeswerk – eine abschließende Beurteilung können wir noch gar nicht abgeben“, erklärte ein Pressesprecher. Weiterhin stehen also Lobbyarbeit, „intensive Gespräche mit Abgeordneten“ und große Demonstrationen auf dem Programm.
Der DGB lehnt die Dienstleistungsrichtlinie ab, obwohl eine im Auftrag der EU-Kommission erstellte Studie des Copenhagen Economics Institute zu dem Ergebnis kam, dass dadurch bis zu 600.000 neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor entstehen könnten. Vorausgesetzt, die Richtlinie werde in ihrer ursprünglichen Fassung verabschiedet. Die Begründung der Gewerkschaft: „Auch beim Fall der Ladenöffnungszeiten wurden uns 500.000 neue Arbeitsplätze versprochen, passiert ist nichts.“ Seit 20 Jahren werde der Arbeitsmarkt dereguliert und die Arbeitslosenzahlen stiegen weiter. „Diese Prognosen haben sich alle als falsch erwiesen.“
MIRJAM MEINHARDT