Weiterer Vorwurf gegen Guttenberg: Das Plagiatsprinzip im Kleinen
Dem CSU-Politiker Guttenberg wird vorgeworfen, einen Aufsatz im Jahr 2004 ebenfalls abgeschrieben zu haben. Dieser bestätigte die Vorwürfe als richtig, will aber dennoch weiter kein Plagiator sein.
BERLIN afp/dapd | Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sieht sich laut einem Bericht von Welt am Sonntag mit neuen Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Wie die Zeitung berichtet, soll er beim Verfassen eines Aufsatzes aus dem Jahr 2004 ähnlich verfahren haben wie bei der Arbeit an seiner Doktorarbeit 2006. Guttenberg erklärte, der Text sei lediglich als Argumentationshilfe gedacht gewesen.
Dem Bericht zufolge analysierten Plagiatsjäger der Plattform Guttenplag-Wiki einen 23 Seiten langen außenpolitischen Aufsatz Guttenbergs mit dem Titel "Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU - eine 'Privilegierte Partnerschaft'". Dabei wiesen sie demnach auf bisher 13 Seiten Textpassagen nach, die aus unterschiedlichen Quellen stammen - darunter Zeitungsartikel, Ausarbeitungen der Europäischen Union und ein Dokument des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Rund ein Drittel des Essays, der in der Zeitschrift "aktuelle analysen" der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung veröffentlicht wurde, sind laut GuttenPlag abgeschrieben.
"Unsere Analyse des Beitrags zeigt, dass sich hier in kleiner Form das Bauprinzip der Doktorarbeit widerspiegelt", erklärten die Netzaktivisten von GuttenPlag der Welt am Sonntag. In der Doktorarbeit von 2006 spiele der Aufsatz von 2004 allerdings fast keine Rolle.
"Kein Anspruch auf Wissenschaftlichkeit"
Guttenberg sagte dazu, die Internet-Plattform liege "mit ihren Gegenüberstellungen vollkommen richtig". Im Gegensatz zu seiner Doktorarbeit handele es sich bei dem besagten Text jedoch um ein politisches Papier, das in seinem Bundestagsbüro "unter Mithilfe meiner Mitarbeiter" entstanden sei und das ursprünglich als Argumentationshilfe für die CSU-Landesgruppe entworfen worden sei.
"Der Text hatte niemals den Anspruch, eine eigenständige wissenschaftliche Leistung oder besonders innovativ zu sein", sagte Guttenberg. Obwohl es bei politischen Papieren eher unüblich sei, enthalte der fragliche Aufsatz auch Quellenangaben. Die Hanns-Seidel Stiftung habe ihn später gebeten, ihr das Papier zur Verfügung zu stellen.
Guttenberg war wegen der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit im März vom Ministeramt zurückgetreten und zog sich danach auch von allen anderen politischen Ämtern zurück. Ende des Sommers ging er mit seiner Familie in die USA.
Die Staatsanwaltschaft Hof hat inzwischen das Ermittlungsverfahren gegen den CSU-Politiker eingestellt. Guttenberg musste aber im Gegenzug eine Geldauflage von 20.000 Euro an die Kinderkrebshilfe zahlen. Juristisch bleibt die Schuldfrage damit weiterhin offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?