piwik no script img

Weitere Repressionen im IranRegime macht Zeitungen platt

Regimekritische Zeitung "Etemad" wird verboten, die Zeitschrift "Iran Docht" verliert Lizenz. Angeblich seien Grundsätze der Verfassung und das Pressegesetz verletzt worden.

Das Regime in Teheran scheint entschlossen, kritische Stimmen zu ersticken. Bild: reuters

Iranische Behörden haben am Montag eine weitere Zeitung verboten und einer Zeitschrift die Lizenz entzogen. Die Tageszeitung Etemad und die Zeitschrift Iran Docht gehörten zu den wenigen kritischen Publikationen, die bislang von der Verbotswelle verschont geblieben waren.

Herausgeber der Etemad ist der frühere Parlamentsabgeordnete Elias Hasrati. Die Zeitschrift Iran Docht wird von Hossein Karrubi, dem Sohn des Oppositionsführers Mehdi Karrubi, herausgegeben. Die Presseaufsicht begründete die Maßnahme mit der Missachtung wichtiger Grundsätze der Verfassung. Etemad warf sie zudem vor, das Pressegesetz verletzt zu haben. Deshalb sei die Akte an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.

Etemad hatte in ihrer Ausgabe vom Montag ein Interview und einen Artikel zu einem Film veröffentlicht, der letzte Woche von der BBC gezeigt wurde. Der Film, der offensichtlich von einem Mitglied der Bassidschi-Milizen oder der Revolutionswächter aufgenommen wurde, zeigt einen Überfall dieser Gruppen auf ein Studentenheim während der Unruhen im Sommer 2009. Der Film löste sowohl im In- und Ausland Entsetzen über die Brutalität der Milizen und Revolutionswächter aus. Etemad schlug vor, den Film dem Untersuchungsausschuss vorzulegen, der sich mit den Vorfällen an der Universität beschäftigt. Der Ausschuss sollte dann öffentlich zu dem Film Stellung nehmen.

Das Interview wurde mit dem konservativen Parlamentsabgeordneten Dariusch Ghanbari geführt, der den Parlamentspräsidenten Ali Laridschani aufforderte, endlich den Bericht über die Vorgänge an der Universität vorzulegen.

Die Redaktion der Zeitschrift Iran Docht besteht zumeist aus jungen Journalisten. Chefredakteur ist der prominente Journalist Mohammad Ghutschani. Ghutschani war Chefredakteur einiger Reformzeitungen, die verboten wurden. Er selbst wurde nach dem Ausbruch der Unruhen im vergangenen Juni festgenommen und verbrachte einige Monate in Haft.

Das Regime in Teheran scheint entschlossen, kritische Stimmen zu ersticken. Während der vergangenen Jahre wurden über hundert Zeitungen verboten. Auch gegen Journalisten wurden Repressionen zunehmend verstärkt. Laut einem Bericht des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) hat Iran 2009 eine der weltweit härtesten Kampagnen gegen Journalisten gefahren. Mehr als neunzig Journalisten seien festgenommen worden, heißt es im dem am 16. Februar veröffentlichten Jahresbericht der New Yorker Organisation zur Lage der Pressefreiheit in der Welt. Mindestens 23 von ihnen seien noch in Haft.

Die Zahl der Inhaftierten ist seit Januar stark angestiegen. In einem ebenfalls am 16. Februar veröffentlichen offenen Brief fordern sechs internationale Organisationen Irans Revolutionsführer Ali Chamenei auf, mindestens sechzig inhaftierte Schriftsteller, Journalisten und Blogger freizulassen. Sie seien "in Verletzung des durch die Verfassung der Islamischen Republik und durch internationales Recht garantierten Schutzes immer noch hinter Gittern", schreiben Reporter ohne Grenzen, die Schriftstellervereinigung PEN und vier weitere Vereinigungen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • M
    MikaR

    Hallo zusammen. Ja, ja, die Iranische Regierung ist ja sooo böse, vor allem gegen Andersdenkende...

    Aber...war da nicht mal was mit offiziell von US-Seite eingestandener Destabilisierungskampagne mit allen (!) Mitteln gegen die Iranische Regierung um den Regierungs-Change herbeizuführen?

    Was von den aktuellen Vorgängen ist diesen US-Bemühungen zu verdanken? Interessiert diese Destabilisierung eines Landes irgendjemanden der westlichen Medien? Oder war das alles nur eine inhaltslose Erfindung von Angriffskrieger Bush...fragt ein neugieriger Leser.

  • K
    K.O.

    Wie gehts jetzt weiter? Die friedlichen Mittel sind ja langsam ausgeschöpft. Gleichzeitig nimmt die gesellschaftliche Stellung der Revolutionsgarden immer mehr zu. Iran befindet sich wahrscheinlich auf dem Weg in eine Militärdiktatur. Zumindest dann, wenn es nicht endlich mal Reformen gibt. Es schmerzt zu sehen in welch einer Lage sich die Menschen im Iran befinden. Auf der einen Seite werden Millionen IranerInnen in ein diktatorisches Regime integriert und ideologisch geschult. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Menschen die sich auf 'legalem' Weg nicht wirksam wehren können. Viele Fragen kaum realistische Lösungen im heutigen Iran. Aber wie lange sollen die Menschen noch leiden? Viele versuchen zu fliehen oder nehmen Drogen. Ist das die Zukunft? Wohl kaum! Aber eine neu erstarkende militante Gegenbewegung wie die Mudschahedin würde kaum die Probleme lösen. Die Wahrscheinlichkeit des militanten Widerstandes nimmt aber wegen der zunehmenden Alternativlosigkeit zu.

  • P
    Peter

    Tja der Islam und freie Meinungsäußerung sind eben natürliche Feinde.