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Weinerliche Debatte "Emotionslinker" -betr.: Debatte über die Chaostage

Betr.: Debatte über die Chaostage

Um das vorweg klarzustellen, natürlich war der staatliche Umgang mit den Jugendlichen, die Freitag nacht ihr Dosenbier am Eck trinken wollten, absolut nicht hinnehmbar. Aber wie immer gehen die anschließenden Appelle in die falsche Richtung, lassen die Debatten an analytischer Tiefe vermissen. Da beweinen Emotionslinke wie Stephan Kunz „das nahezu beliebige Aussetzen von Grundrechten“, der Rechtsstaat sei in Gefahr Mensch kann es nicht oft genug sagen, Rechtsstaat ist und bleibt der Rahmen, der dazu dient, herrschenden Interessen zu dienen.

Das Grundgesetz wurde mehr als 50 Mal seit seinem Bestehen geändert, es wurde den jeweils aktuellen Interessen angepaßt, wie ein zu eng gewordenes Kleidungsstück. Gesetze werden gemacht, geändert und abgeschafft!

Bei allem guten Willen der AutorInnen: Wer z.B. kritisiert, daß für die willkürliche Festsetzung von Punks keine Rechtsgrundlage bestehe, fordert, daß eine solche von den PolitikerInnen geschaffen wird. Seid Ihr zufriedener, wenn solche Festnahmen nicht willkürlich, sondern rechtens sind? Wer sich gegen eine Unterbringung auf Betonfußboden ausspricht, fordert nur Matratzen! Wer sich an totalitäre Staaten erinnert fühlt, verkennt, daß der beschworene Rechtsstaat sich bei Bedarf in einen solchen transformieren kann.

Leider wird in der Debatte auch ein gewisser Nationalismus deutlich, den ich zu kritisieren niemandem ersparen kann. Ist das Geschrei gerade deshalb so groß, weil die Betroffenen trotz bunter Haare überwiegend Deutsche sind? Schließlich gilt der Rechtsstaat nur für TrägerInnen eines deutschen Passes. KurdInnen, Schwarze und so weiter erleben tagtäglich solch eine staatliche Behandlung, aber daran haben wir uns ja schon gewöhnt. Torsten Müller

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