: Wegziehen verboten
Das Bezirksamt Mitte untersagt der Obdachlosen-Krankenstube des Gesundheitszentrums St. Pauli den geplanten Umzug zum Berliner Tor
von Marco Carini
Der geplante Auszug der von der Caritas betriebenen Krankenstube für Obdachlose von St. Pauli in die Bürgerweide 80 ist geplatzt. Das Bezirksamt Mitte – in dessen Bereich beide Standorte liegen – verweigert für die neuen, bereits angemieteten Räumlichkeiten eine für die Etablierung der Krankenstube notwendige „Änderung der Nutzungsgenehmigung“. Das bestätigte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber gestern auf taz-Anfrage.
Politischer Hintergrund der Genehmigungsverweigerung: Der Bezirk will die Caritas-Einrichtung unbedingt im Gesundheitszentrum St. Pauli halten, dem Areal des früheren Hafenkrankenhauses. Zieht die Krankenstube im Juni aus, befürchtet Schreiber „ein Ausbluten“ des Zentrums, das eine Notfallambulanz, zahlreiche Arztpraxen und verschiedene psychologische und psychotherapeutische Einrichtungen beheimatet.
Um ein Bleiben zu ermöglichen, räumte der Bezirk im März schon eine wesentliche Hürde aus dem Weg: Die bezirklichen Bauprüfer nahmen ihre Forderung zurück, brandteure Feuerschutzmaßnahmen in dem von der Krankenstube genutzen Haus 2 einzurichten. Doch die Caritas erfuhr von der Kehrtwendung erst am 19. März aus der taz, als der Vertrag für die neuen Räume bereits unterschrieben war.
Der zuständige Caritas-Abteilungsleiter Dieter Ackemann wollte das Nutzungsverbot gestern „nicht kommentieren“. Klar ist: Die Caritas will weiterhin umziehen, weil in den neuen Räumlichkeiten mittelfristig auch noch fünf Wohnungen für Obdachlose eingerichtet werden könnten. Da die großen Wohnungsbaugesellschaften SAGA und GWG immer weniger Wohnungen für Obdachlose zur Verfügung stellten, gelang es der Caritas immer seltener, ihren Klienten Wohnraum zu vermitteln.
Gerhard Renner, Vorstand der „Deutschen Angstellten-Wohnungsbau-Aktiengesellschaft“ (DAWAG), der das Gebäude in der Bürgerweide gehört, zeigte sich gestern verärgert darüber, „dass ständig von uns verlangt wird, Wohnraum für Obdachlose zu schaffen, und wenn wir das tun, uns Knüppel zwischen die Beine geworfen werden“. Ein klärendes Gespräch zwischen Bezirkschef Schreiber und DAWAG-Vorstand Renner ist bereits vereinbart, die Einigungschancen aber sind gering. Sollte der Bezirk bei seiner Position bleiben, überlegt Renner, „mit Rechtsmitteln“ gegen die Nutzungs-Versagung vorzugehen – die Gerichte würden somit über den Verbleib der Krankenstube entscheiden.
Unabhängig davon erhält das Gesundheitszentrum im Sommer zwei neue Mieter, die seine Zukunft sicherstellen sollen: Die Evangelische Stiftung Alsterdorf eröffnet voraussichtlich im Juli einen Catering- und Restaurationsbetrieb, in dem Menschen mit Behinderungen tätig sein und sich für den ersten Arbeitsmarkt qualifizieren sollen. Ebenfalls im Sommer soll Hamburgs erste Hepatitis-Ambulanz im Gesundheitszentrum einziehen.