Weg isser! Teil 4: Ungetrübter Unterhaltungswert
■ Aus dem Tagebuch eines neuerdings autolosen Menschen
Joachim hatte am Samstag keine Zeit. Er müsse seinen Wagen mal wieder gründlich saubermachen und ein bißchen durchchecken. Friedhelm hilft, die kleine Beule auszubessern. Wibbel sagt: „Mein neues Gefährt bedarf der Hautpflege.“ Solch Tun ist mir nicht mehr vergönnt.
Dafür sind Autos ja so praktisch, heißt es. Etwa zum Transport, zum Beispiel für den Getränkeeinkauf. Ich lasse jetzt bringen. Kostet eine Mark pro Kasten extra, macht bei einer Großfuhre Wasser, Saft und Bier zusätzliche 20 Mark. Dafür wird alles bis in den Keller geschleppt. Die vermeintlich bequeme Auto-Alternative hieß immer: Leergut aus dem Keller in den Wagen, fahren, ausladen, Schlange stehen an der Leergutkasse, mehrere Einkaufswagen beladen, noch mal Schlange stehen, zum Wagen schieben, einladen und zuhause alles Stück für Stück durchgeschwitzt in den Keller. Zeitaufwand der praktischen Freiheit: mindestens eine Stunde, ohne das obligatorische Anschlußduschen. Dann lieber 20 Mark.
AutofahrerInnen sind zum Lachen. Von Krach und Gestank abgesehen, haben die abendlichen Beobachtungen aus dem Küchenfenster jetzt ungetrübten Unterhaltungswert. Da kurven sie, die Spätheimkehrer. Suchen einen Parkplatz. Und nochmal um den Block. Drüben ist einer beim dritten Versuch, seine vier Meter Metallic in eine Parklücke von 4,20 zu quetschen. Wieder gescheitert – haha! Kenne ich ja noch, wie genervt man dabei ist: Da vorne eine Lücke – zu klein. Da drüben – eine Ausfahrt. Da hinten aber – und schon war ein anderer schneller. Idiot! Scheiße!... Haha. Nein, was bin ich froh, daß ich in diesem Theaterstück nicht mehr zum Ensemble gehöre. Bernd Müllender
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen