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Archiv-Artikel

Was sind das für Menschen?

Wer sich für die Androhung von Folter ausspricht, der spricht sich für Folter aus. Weil alles andere eine leere Drohung und wirkungslos bliebe. Der- oder diejenige sollte sich aber klar darüber sein, dass das Spektrum der Folter vom „simplen“ tagelangen Auf-der-Stelle-Stehen bis zum Häuten bei lebendigem Leibe reicht. Und da muss ich mich fragen, was sind das für Menschen, die bereit sind, das zu tun?

Schicken wir die zur Folterfortbildung in die USA, die Türkei oder nach Israel? Und gehen diese Menschen nach getaner Folterarbeit nach Hause, um Partner und Kinder zu liebkosen? So wie es im Dritten Reich die SS-Wachmannschaften der KZs getan haben? Ein Aufweichen des Folterverbots, auch wenn das so goldig mit unmittelbarem Zwang umschrieben wird, schädigt unsere Gesellschaft mehr, als es ihr nutzt.

Der Unterschied zum finalen Todesschuss, liegt darin, dass es dabei mit Sicherheit keinen Unschuldigen trifft. Und dass der Getötete nicht vorher noch erniedrigt und entmenschlicht wird. Und das ist weniger ein Entgegenkommen einem Verbrecher gegenüber, als ein Tribut an eine menschliche Gesellschaft.

Dass bei dieser Diskussion auch gerne mit dem Leben eines unschuldigen Kindes argumentiert wird, halte ich auch für verlogen. Die meisten Kinder sterben bei uns im Straßenverkehr. Und wer von denen, die zur Folter bereit sind, wäre für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen oder drakonische Strafen bei Geschwindigkeitsübertretungen oder Alkohol am Steuer?

Ich will nicht verhehlen, dass ich, wenn ich in der Situation wäre, einen mir lieben Menschen am Leben gefährdet zu sehen, den dafür Verantwortlichen in meiner Vorstellung in alle Einzelteile zerlegen würde. Ich bin aber glücklich darüber, dass das in unserer Gesellschaft weder mir noch anderen gestattet wird. Möge es so bleiben.

CHRISTIAN SCHUHMANN, Barum