■ Warum sich Honecker und Mielke nicht treffen: „Mensch Erich, mensch Erich“
Aus der Untersuchungshaft vorgeführt, treffen sich zwei Freunde, Freunde seit Jahrzehnten, das erste Mal seit langer Zeit vor Gericht. Sie tun Menschliches, etwas Selbstverständliches, sie freuen sich und schütteln sich die Hand: „Mensch Erich, hast wohl nicht gedacht, daß wir uns hier wiedersehen.“ Honni sagt das.
Strafrichter wissen in aller Regel, was sie tun. Wenn sie Honni und Erich gleichzeitig vor sich laden, dann sollen die beiden sich auch sehen und begrüßen und sprechen. Wenn sie das nicht tun sollen, wird eben hintereinander prozediert.
Nicht so Richter Hansgeorg Bräutigam. Er weiß, daß die Augen der Öffentlichkeit auf ihm ruhen, und er weiß, wie sie es tun. Man muß ihn vor wenigen Tagen nur in seiner ersten (?) Talkshow Im Turm gesehen haben, sein feines Lächeln auf der Maske der Unsicherheit, um zu wissen, was Öffentlichkeit ihm bedeutet. Was ist Verbreiten von Meinungen im Fernsehen gegen Ausübung von Macht über Menschen?
In seinem Gerichtssaal – er wird mit Gewißheit dieses besitzanzeigende Fürwort gebrauchen – bestimmt nur er. Sein Befehl lautet, daß Menschen sich unmenschlich verhalten sollen, nicht miteinander reden, schon gar nicht, wenn sie Freunde sind. Der Richter soll mir nicht damit kommen, die Ordnung der Untersuchungshaft gebiete die Trennung der Gefangenen, er weiß ganz genau, daß sie sich in wenigen Tagen über Stunden in seiner Verhandlung werden unterhalten können, er weiß genau, daß die beiden vor ihm nichts verdunkeln können, hat er doch gerade erst durch seinen Eröffnungsbeschluß verkündet, wie klar ihm alles ist. Nein, er hat Macht über Menschen und übt sie bis in menschlichste Bereiche hinein aus. Er will diese Macht, sein Beruf ist das Einsperren von Menschen, und seien sie auch schon dem Tod geweiht.
Ach ja, fiat iustitia ist der Beruf? Welch eine Gerechtigkeit wird bei diesem Richter? Strafrecht sollte zum Ausklang dieses Jahrhunderts den Bürger und die Gesellschaft schützen. Wen oder was schützt der Richter Bräutigam, und wie tut er es? Dieter Hoffmann
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