Walfang in Norwegen: Keine Nachfrage für Walfleisch
Walfänger beklagen fehlende Nachfrage und niedrige Preise für Walfleisch. Einige befürchten, dass dies die letzte Fangsaison für sie gewesen sein könnte.
STOCKHOLM taz Die diesjährige Walfangsaison in Norwegen ist zu Ende. Mit einer - aus Sicht der Walfänger - rekordverdächtig schlechten Bilanz. Nach Angaben der norwegischen Tageszeitung Lofotposten sind in dieser Saison 521 Zwergwale getötet worden. Das sind deutlich weniger als die 592 Wale der letzten Saison. Und man liegt noch unter der Saison 2006, die mit 525 harpunierten Tieren bislang als "Katastrophensaison" galt. Dabei hatte die Regierung in Oslo für jedes der drei vergangenen Jahre mit 1.056 Zwergwalen fast die doppelte Fangquote genehmigt.
ForscherInnen von der Universität Oslo haben festgestellt, dass die Speckschicht der in antarktischen Gewässern lebenden südlichen Zwergwale innerhalb der letzten 20 Jahre um fast 10 Prozent geschrumpft ist. Grund dafür sei das klimabedingt verminderte Nahrungsangebots an Krill. Der Speck dient als Energielager, das die Tiere vor allem während der Schwangerschaft und Stillzeit benötigen. Die Verminderung deutet für Professor Lars Walløe "auf grosse Änderungen im Ökosystem, in dem die Wale leben, hin".
Nicht wie in den vergangenen Jahren mit schlechtem Wetter, sondern mit den gestiegenen Treibstoffpreisen erklärt die Walfanglobby die nur halb ausgeschöpfte Fangquote. Doch es sind vor allem die niedrigen Preise, die auf dem begrenzten Absatzmarkt für Walfleisch zu erzielen sind, die die Jagd der 30 Fangboote auf die unmittelbare Nähe der nordnorwegischen Küste beschränken. Aber nicht einmal hier lohnte sich das Ausschöpfen der genehmigten Quote. Früher haben die Fischer noch längere Fangfahrten ins Nördliche Eismeer unternommen. "Einige Boote wollten zwar noch weiterjagen", sagt Per Rolandsen von Norges Råfisklag, der Verkaufsorganisation der norwegischen Fischer: "Aber auf dem Markt gibt es nicht genug Nachfrage für Walfleisch."
Dabei hatten die Walfänger große Hoffnung auf die Möglichkeit des Walfleischexports nach Japan gesetzt. Von einem "neuen Frühling" für die Branche träumte Laila Jusnes, Chefin der Walfanglobbyorganisation Høge Nord Alliansen noch vor einigen Monaten. Würde dieser Markt erst geöffnet, könne man den Fang leicht verdoppeln und ein deutlich höheres Preisniveau erzielen, hatte ihr Amtsvorgänger Rune Frøvik vor zwei Jahren prophezeit. Nun hat die norwegische Regierung diesen Export erlaubt - unter Verstoß gegen internationale Konventionen, ebenso wie Oslo seit 1993 gegen das Walfangmoratorium der internationalen Walfangkommission IWC verstößt. Doch tatsächlich konnte in diesem Jahr gerade einmal eine Partie von fünf Tonnen Walfleisch nach Japan exportiert werden. Folgebestellungen sind nicht in Sicht, weil Japanische Behörden hohe Belastungen mit Schwermetallen des norwegischen Walfleisches beanstandet haben.
Gebe es "keine radikale Marktveränderung", werde es womöglich für ihn und andere Fischer keine nächste Fangsaison geben, kommentierte diese Situation Bjørn Hugo Bendiksen, Vorsitzender der Walfängerorganisation Norges Småkvalfangerlag. Neben dem fehlenden Absatzmarkt wird der norwegische Walfang auch von wachsender einheimischer Kritik infrage gestellt: denn nach Schätzungen der norwegischen Behörden wird jeder fünfte Wal nicht "optimal" von der Harpune getroffen. Die Granate, die beim Eindringen in den Walkörper explodiert, töte diese Wal nicht, sondern verursache dann nur innere Verletzungen. In dieser Saison hätten deshalb nach Angaben der Forscher mindestens 104 Wale einen langen und schmerzvollen Tod erlitten.
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