Wal-Mart scheitert auf dem deutschEN Markt an sich selbst : An der Grenze des Kapitalismus
Wal-Marts Deutschlandauftritt endete nach acht Jahren mit einem Fiasko. Gestern zog sich der größte Einzelhandelskonzern der Welt vom deutschen Markt zurück. Dieser Rückzug war absehbar, denn er ist das Ergebnis von Arroganz und Fehleinschätzungen. Maßlos haben die Amerikaner die Härte des deutschen Wettbewerbs unterschätzt: Die Claims waren zwischen Aldi, Lidl, Metro und Tengelmann längst verteilt, als Wal-Mart kam. Geirrt hat sich Wal-Mart auch in der deutschen Kundschaft: Sie wollte sich von Wal-Marts global erfolgreichen Kundenservice partout nicht verzaubern lassen. Geil ist hierzulande Geiz. Die Bereitschaft, mehr Geld für Qualität oder Service auszugeben, ist in nirgendwo in Europa so niedrig wie in Deutschland.
Wal-Mart ist in Deutschland ist vorerst am Clash der Kulturen gescheitert. Kaum ein anderes Unternehmen repräsentiert so die hässlichen Seiten des grenzenloser Kapitalismus wie Wal-Mart. Sein wirtschaftlicher Erfolg gründet sich vor allem auf knallharte Ausbeutungspraktiken, die ihresgleichen suchen: Gewerkschaftsmitglieder werden grundsätzlich nicht geduldet. Die Löhne von Wal-Mart-Beschäftigten in den USA sind so niedrig, dass jeder Mitarbeiter jährlich mit 2.103 US-Dollar vom Staat subventioniert werden muss. Fast die Hälfte der Kinder der Wal-Mart-Angestellten ist auf die staatliche Krankenversorgung für Bedürftige angewiesen.
Auch die gern gescholtenen deutschen Gesetze haben dazu beigetragen, dass Wal-Mart diesen Irrsinn hier nicht fortsetzen konnte. Das Baurecht hinderte den Konzern, die Landschaft mit seinen riesigen Märkten zu verbauen. Das Wettbewerbsrecht stoppte Wal-Mart, als er mit Dumpingpreisen die Konkurrenz auszubluten versuchte. Das Arbeitsrecht schützte die deutschen Arbeitnehmer vor den weltweit gefürchteten ausbeuterischen und gewerkschaftsfeindlichen Praktiken. So schlecht die Nachricht vom Rückzug für viele deutsche Beschäftigten des Konzerns sein mag – das Wal-Mart in Deutschland gescheitert ist, gibt auch ein wenig Hoffnung. Tarik Ahmia