Wahl der Doppelspitze: Linkspartei will Parteitag umgehen
Weil die Zweidrittelmehrheit für das künftige Spitzenduo Ernst/Lötzsch auf dem Parteitag im Mai wackelt, erwägt die Parteispitze, die Basis zu befragen. Lafontaine erhebt neue Vorwürfe
BERLIN taz Die Linkspartei hat ein Spitzenproblem. Klaus Ernst soll ab Mai zusammen mit Gesine Lötzsch die Partei führen. So ist es vom Parteivorstand und den Landeschefs beschlossen worden. Doch damit Ernst und Lötzsch als Doppelspitze gewählt werden können, muss auf dem Rostocker Parteitag im Mai die Satzung geändert werden. Es bedarf einer Zweidrittelmehrheit der Delegierten. Und ob es die geben wird, ist fraglich.
Ernst, der bislang nicht durch diplomatisches Geschick auffiel, hat in Ost und West Gegner. Nun kursiert eine technische Idee, um das Problem zu entschärfen. Offenbar wird geprüft, ob der Fusionsvertrag zwischen PDS und WASG so geändert werden kann, dass die Zweidrittelhürde auf dem Weg zur Doppelspitze entfällt. Jedenfalls meldete dies der Spiegel. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch bestätigte diese Überlegungen der taz, hält dieses Verfahren aber für "chancenlos". Auch sei fraglich, ob Ernst mit so einem Trick gedient wäre. Möglich aber, so Bartsch, sei eine Mitgliederbefragung, in der die Parteibasis über die Doppelspitze entscheidet.
Falls es dazu nicht kommt, könne der Parteitag in Rostock auch mit Zweidrittelmehrheit für eine befristete Verlängerung der Doppelspitze votieren. Wenn klar ist, dass es die Doppelspitze nur bis 2012 oder 2014 gibt, sei "viel weniger Dampf im Kessel", so Bartsch. Sicher ist, dass die Entscheidung über das Prozedere erst im März fällt. "Ansonsten ist alles offen", so Bartsch.
Verdruss gibt es bei den pragmatischen Ost-Linken mal wieder über Oskar Lafontaine. Lafontaine hatte am Samstag in einem Interview mit Neuen Deutschland konkrete harte Vorwürfe gegen Bartsch erhoben. Bartsch habe die Linkspartei in NRW ungebührlich kritisiert, sei "Stichwortgeber für Kampagnenjournalismus" und ihm, dem Parteichef, in den Rücken gefallen.
Bartsch erklärt der taz dazu knapp: "Diese Vorwürfe treffen nicht zu."
Von pragmatischen Linken hört man, dass man auf Lafontaines Provokation nicht eingehen werde. Offenbar seien die Lafontaine-Gefolgsleute verstört, dass Bartsch von Gysi zum Fraktionsvize berufen wurde. Bei Treffen der Linksfraktion sitzt Bartsch nun auf dem Platz, den bisher Lafontaine innehatte. Wahrscheinlich könne man sich, so ein Linkspartei-Politiker, auf Querschläge aus Saarbrücken einrichten. Klar sei aber, dass Lafontaine mit diesem Nachkarten dem von ihm unterstützten Klaus Ernst "nicht gerade hilft". STEFAN REINECKE
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