: Waffenstillstand in Berg-Karabach?
■ Unter Vermittlung des Iran unterzeichneten die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans ein Waffenstillstandsabkommen/ Kämpfe in Berg-Karabach gehen jedoch unvermindert weiter
Teheran (afp/dpa) — Armenien und Aserbaidschan wollen den blutigen Konflikt um die Enklave Nagorny Karabach beenden. Der armenische Staatschef Lewon Ter-Petrossjan und der aserbaidschanische Übergangspräsident Jakub Mamedow unterzeichneten nach einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur 'Irna‘ am Freitag in Teheran ein Abkommen, in dem sie sich auf einen dauerhaften Waffenstillstand und die Aufhebung gegenseitiger Wirtschaftsembargos verständigten. Der Einigung zwischen Ter-Petrossjan und Mamedow waren zweitägige Beratungen unter Vermittlung des iranischen Staatschefs Haschemi Rafsandschani vorausgegangen. Nach einer bereits am Donnerstag unterzeichneten Erklärung, die erst am Freitag bekanntgegeben wurde, soll der Waffenstillstand jedoch erst eine Woche nach dem vorgesehenen Kaukasus-Besuch des iranischen Vermittlers, Mahmud Vaezi, in Kraft treten.
Irans stellvertretender Außenminister Vaezi wird nach inoffiziellen Angaben in den kommenden Tagen in die Krisenregion reisen, wo er Baku, Eriwan und Stepanakert besuchen will. Genaue Terminangaben wurden nicht gemacht.
In der Erklärung hatten Ter-Petrossjan und Mamedow vereinbart, daß die Eisenbahnlinien zwischen den zwei GUS-Republiken sofort wieder geöffnet werden. In der Erklärung wurden die iranischen, die KSZE- und die UN-Beobachter aufgefordert, nach Inkrafttreten der Feuerpause den Waffenstillstand zu überwachen.
Mamedow sagte vor seiner Abreise am Freitag, sein Besuch in Teheran sei „historisch“ gewesen. Ter- Petrossjan äußerte sich zurückhaltender, die Lage in Nagorny Karabach sei kritisch. Jeden Moment könne es zu neuem Blutvergießen kommen. Beide Seiten müßten ihren Einfluß auf die kämpfenden Verbände geltend machen, um dem Frieden zum Durchbruch zu verhelfen.
Bislang geht der Krieg tatsächlich weiter. Nach anfänglichen Erfolgen ist eine Offensive der armenischen Selbstverteidigungskräfte gegen die aserbaidschanische Stadt Schuscha in Berg-Karabach offenbar zum Stehen gekommen. Die aserbaidschanische Nachrichtenagentur 'Turan‘ berichtete am Freitag, den Angreifern seien große Verluste zugefügt worden. Ziel der Offensive war die Ausschaltung der Raketenstellungen in und um Schuscha, von denen aus Stepanakert, die armenische Hauptstadt von Berg-Karabach, seit Monaten beschossen wird.
Erst am Donnerstag wurde der Flughafen von Stepanakert so stark beschädigt, daß die Versorgung der Stadt gefährdet ist. Die Moskauer Nachrichtenagentur 'Itar-Tass‘ hatte vorgestern berichtet, daß die Bevölkerung Karabachs vom Hunger bedroht sei.
Nach Angaben des Mitglieds des aserbaidschanischen Nationalrates, Etibar Mamedow, kann die Deklaration von Teheran ernsthafte Folgen für Aserbaidschan haben, wo am 7. Juli ein neuer Präsident gewählt werden soll. In Baku kursieren seit Tagen Gerüchte über einen möglichen Putsch gegen den amtierenden Präsidenten Mamedow, dessen Vorgänger Mutalibow vor allem wegen seiner Kompromißhaltung gegenüber Armenien gestürzt worden war.
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