■ Währungskonferenz der EU-Minister in Valencia: In Erwartung einer Zangengeburt
Die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU sowie die Notenbankchefs gaben es am Wochenende bekannt: Die Gemeinschaft erwartet für 1999 Nachwuchs in Form einer einheitlichen europäischen Währung. Hier die Fragen, die die 15 Elternteile noch zu lösen haben: Bei wem wird der Zögling heranwachsen und vor allem – wie wird er heißen?
Genau diese bangen Fragen können zum familiären Zerwürfnis führen – die letzten Wochen beweisen es. Es kann getrost von einer bevorstehenden Problemschwangerschaft ausgegangen werden. Um von der Geburt ganz zu schweigen. Zwar wird am Stichtag 1. Januar 1999 festgehalten, um weitere Spekulationen und der damit verbundenen Schwächung einzelner europäischer Währungen zu verhindern, aber um allen Eventualitäten vorzubeugen, sind ganze drei Jahre für die Niederkunft vorgesehen. Die aus der Montanunion hervorgegangene Mutter-Gemeinschaft ist mit 45 ja auch nicht mehr die jüngste.
Und anstatt sie entsprechend zu hegen und zu pflegen, bereitet ihr ausgerechnet eines der Länder Kummer, das von Anfang in liebevoller Verbindungen mit ihr steht: die Bundesrepublik Deutschland. Bundesfinanzminister Theo Waigel mit seinen ständigen Attacken scheint entschlossen zu sein, die Rolle des Rabenvaters zu spielen. Er fürchtet um seine Tochter aus erster Ehe, die Stabilität der Deutschen Mark.
Ein Spiel, das vor allem in Südeuropa mißtrauisch beobachtet wird, seit der bajuwarische Störenfried mit seinen unvorsichtigen Äußerung die italienische Lira zum Absturz brachte. Daß ausgerechnet Deutschland fünf Jahre nach der Wiedervereinigung, auf dem Gipfel seiner internationalen Macht, die Einhaltung von Verträgen in Frage stellte, löst bei vielen unangenehme Erinnerungen aus. War es nicht gerade Bonn gewesen, das damals, 1991, vehement für Maastricht eingetreten war?
Eine Garantie dafür, daß die einheitliche Währung so stabil sein wird wie die Mark, kann es nicht geben. Aber der Weg hin zu einem europäischen Föderalismus, wie er der Regierung Kohl zumindest in ihren Sonntagsreden immer wieder vorschwebt, wird kaum auf die Währungsunion verzichten können. DM-Nationalismus ist da fehl am Platz.
Warum soll eigentlich Europa anders aussehen als die Bundesrepublik? Oder haben etwa Länder wie das krisengeschüttelte Saarland und High-Tech-Bayern die gleichen finanzpolitischen Eckdaten? Reiner Wandler, Madrid
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