WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Verfolgt die Spur, die ich euch lege
Geschichte wird gemacht: Stefan Wisniewski, ehemaliges Mitglied der RAF, hat den Prozess gegen die frühere Genossin Verena Becker wegen des Mordes an Siegfried Buback genutzt, um auf die NSDAP-Vergangenheit des damaligen Generalbundesanwalts hinzuweisen. Bei seiner Zeugenvernehmung in Stuttgart verweigerte Wisniewski nun die Aussage, trug aber einen Kapuzenpulli mit der polnischen Aufschrift „Scigajcie ten slad“ – zu Deutsch: „Verfolgt die Spur“. Darunter stand eine Nummer: 8179469.
Nach Recherchen von Mitarbeitern des SWR im Bundesarchiv handelt es sich bei der Zahl um die NSDAP-Mitgliedsnummer des späteren Topjuristen Buback. Dem Eintrag aus der Mitgliederkartei zufolge beantragte Buback im Alter von 20 Jahren am 11. April 1940 die Aufnahme in die Partei, dem wurde am 1. Juli stattgegeben. Dass der höchste Strafverfolger der BRD in jungen Jahren sich den Nazis angeschlossen hatte, ist einigermaßen überraschend, auch wenn ein Leserbriefschreiber im April 2007 bereits erste Hinweise darauf geliefert hatte. „Gefehlt hat mir der Hinweis auf die NSDAP-Mitgliedschaft von Siegfried Buback und seine Rolle bei der Spiegel-Affäre 1962“, hatte ein Peter Hauser aus Hamburg im Zusammenhang mit den wiederaufgenommenen Ermittlungen um den Mord an Buback geschrieben.
Der Anschlag auf Siegfried Buback war der Auftakt der „Offensive 77“, mit der die RAF die Freilassung ihrer Gründergeneration um Baader und Ensslin erzwingen wollte. Dass jetzt eine Mitgliedschaft des früheren Generalbundesanwaltes in der NSDAP publik wird, relativiert nichts an den Verbrechen der RAF – ebenso wenig wie das zur Zeit verhandelte Strafverfahren gegen Verena Becker neue Erkenntnisse über die Attentatsserie von 1977 bringen wird. Zur Sache eingelassen hat sich Wisniewski in Stuttgart nicht. Über die Motive, die ihn in die Reihen der RAF getrieben hatten, hat er in „Wir waren so unheimlich konsequent“ (ID Verlag 1997) dennoch Auskunft gegeben.
■ Der Autor ist Redakteur der taz Foto: privat