WOCHENÜBERSICHT: LAUTSPRECHER : Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
Ende April, Anfang Mai, da war doch was? Dazu später. Zunächst mal wird am heutigen Montag im Stadtteilzentrum unter dem sehr drastischen Titel „Fragt uns, wir sind die Letzten“ die Zeitzeugin Frau Siebner, die das „Dritte Reich“ in der Illegalität überlebte, Rede und Antwort stehen. Undumme Fragen sind sehr erwünscht. Morgen wird es im RAW-Tempel um „Privatisierung, Stadtumstrukturierung, Gentrification“ in Kreuzberg und Friedrichshain gehen, es diskutieren Joachim Bischoff, Karin Baumert, Carsten Joost und Gerlinde Schermer. Eine wichtige Diskussion, keine Frage. Bevor allerdings über TouristInnen und Cafébars gelästert wird, sollten sich die linken AktivistInnen auch mal fragen, wer in den Häusern und Gegenden, die sie nun verlieren könnten, gewohnt hatte, bevor die BesetzerInnen kamen. Denn wer die Vorhut der Gentrification ist, wird von der Vorhut selbst oft gern verdrängt. Donnerstag ist 1. Mai, es geht zur Sache oder auch nicht, und allen und jedem muss irgendwas bewiesen werden. Am Ende siegt der Senat. Wie jedes Jahr. Die „Prekarisierten“ jedenfalls, die das Revolutionäre 1.-Mai-Bündnis zu vertreten glaubt, wollen mit der Maydayparade am Boxhagener Platz diesmal aus dem Maispektakel rund um den Kotti ausbrechen. Es wird nicht gelingen (14 Uhr). Am Freitag dagegen beweisen lustige Leute, die wir mal etwas voreilig als „die Arbeitslosen“ zusammenfassen, anlässlich des „4. Internationalen Kampf- und Feiertages der Arbeitslosen“ ihren Humor. Die Demo am Senefelder Platz läuft unter anderem unter den Motti: „Mein Freund ist Roboter“, „Kein Schweiß für Geld!“, „2. Mai, Straße frei!“ und „Wir sind nicht alle, es fehlen die, die arbeiten!“ – da wird mehr linkes Geschichtsbewusstsein bewiesen als mit dem ewig faden Getrommel für „die Revolution“, bei der ja die meisten nicht mal mehr wissen, was sie von ihr wollen (13 Uhr).
Fragt uns: Stadtteilzentrum, Fehrbelliner Str. 92, Mo., 19 Uhr
Privatisierung: RAW-Tempel, Revaler Str. 99, Di., 19 Uhr
Maydayparade: Boxhagener Platz, Do., 14 Uhr
Arbeitslose: Senefelder Platz, Fr., 13 Uhr