WOCHENÜBERSICHT: LAUTSPRECHER : Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
Morgen findet vor dem ehemaligen jüdischen Waisenhaus in Pankow eine Kundgebung aus Anlass des 64. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz statt. Schülerinnen und Schüler werden die Namen der während des Nationalsozialismus zu Tode gekommenen Jüdinnen und Juden aus Pankow verlesen. Eine bedrückend lange Liste von Namen. Anschließend geht es in das Café Stilbruch in der Florastraße. Nahezu zeitgleich wird Sonja Witte von der Bremer Gruppe kittkritik in der Alice-Salomon-Fachhochschule über „Nationales Vergangenheitsrecycling – Die postnazistische Allianz der Generationen im deutschen Kollektiv“ sprechen, ein Thema, das angesichts der hellen Begeisterung, die etwa Tom Cruises Stauffenberg allenthalben auslöst, geradezu brandaktuell ist. „Neben die fortwährende Stilisierung der Deutschen als Opfer tritt momentan die Integration von Auschwitz in die medialen (Re-) Inszenierungen der deutschen Erinnerungsarbeit als gesellschaftlichem ‚Kitt‘, in der die Nation zum kollektiven Objekt der Identifizierung wird“, sagt Witte. Diskussion ist ausdrücklich erwünscht. Am Sonntag wird Alex Demirovic in der NGBK in die „kritisch-materialistische Staatstheorie“ einführen. „Demirovic geht von einer Transnationalisierung des Staates aus, problematisiert jedoch die These eines Weltstaates“, heißt es in der Ankündigung. Auch hier ist die Diskussion dringend vonnöten. In der Neuköllner Lunte hingegen wird etwas später ein merkwürdiges Experiment gewagt: Es geht um den „Versuch einer differenzierten anarchistischen Sichtweise auf die Ursachen und Geschehnisse im Gaza-Krieg und ein kurzer Abriss der Geschichte des Konflikts Palästina/Israel“. Oh weh! „Kein Antisemitismus und keine Islamophobie geduldet“, heißt es weiter, und diese Warnung vorm eigenen Publikum zeigt leider schon, wohin die Reise gehen wird.
Auschwitz-Kundgebung: Berliner Str. 120–121, Di, 18 Uhr
Vergangenheitsrecycling: FH, Alice-Salomon-Platz 5, Di, 18.30 Uhr
Staatstheorie: NGBK, Oranienstr. 25, So, 18 Uhr
Gaza-Krieg: Lunte, Weisestr. 53, So, 20 Uhr