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Archiv-Artikel

WOCHENÜBERSICHT: KUNST Meike Jansen schaut sich in den Galerien in Berlin um

„Learning To Love Germany“ von Susan Hiller, Galerie Volker Diehl, Zimmerstraße 88–91, Di.–Sa. 11–18 Uhr, bis 7. Januar

Manchmal wird man derartig mit der Realität konfrontiert, dass man sich verarscht fühlt. Etwa wenn auf dem Weg zum wöchentlichen Galerienrundgang ein Schreiben von Dr. Ehrhart Körting im Briefkasten liegt. Der Senator beglaubigt darin mit seiner Unterschrift, dass es keinen Hinweis gibt, dass der in den Kongo abgeschobene Raphael Batoba nach seiner Rückkehr körperlich misshandelt wurde. „Ob er vorübergehend inhaftiert war, konnte nicht völlig zweifelsfrei geklärt werden …“, heißt es dagegen. Aber der Einsatz von Gewalt kann ausgeschlossen werden? Ähnliches Unwohlsein löst ein Produkt einer Nürnberger Firma aus, die ein Sortiment Buntstifte „in den 12 wichtigsten Hautfarben“ anbietet und diese mit rassischen Merkmalen verknüpft. Batoba dürfte demnach der Nummer 93405 ähneln. Susan Hiller hat diese Stiftkollektion während ihres DAAD-Stipendiums in Berlin entdeckt und sich an ihnen ab- und ihr Verhältnis zu Deutschland aufgearbeitet. Die zwölf etwa DIN-A1-formatigen handgeschöpften Papiere mit jeweils einer Hautfarbe bedeckt, zeigen Unebenheiten, wie sie beim wütenden Krickeln entstehen. So werden Nuancen erkennbar, die keinem rassischen Schema entsprechen, aber die Vielfalt von Hauttönen andeuten. Dazu schwebt in fünfzehnminütigen Abständen eine Komposition der Künstlerin durch die Räume der Galerie Volker Diehl. Die an klassische Werke angelehnte Arbeit „What every gardener knows“ basiert auf den Mendel’schen Gesetzen. Wir erinnern uns: Mendels Entdeckung der genetischen Regeln wurde dazu benutzt, die Beseitigung all jener Menschen voranzutreiben, die „nicht wünschenswertes“ Erbgut in sich trugen. Hillers musikalische Version der Mendel’schen Gesetze verweist dagegen auf die Fülle an genetischen Codes, auf die Harmonie und ein orchestrales Miteinander der Vielfältigkeit.