WOCHENÜBERSICHT: KONZERT : Martin Conrads hört auf den Sound der Stadt
Oft hört man wenige klagen, Hörspiele im Öffentlich-Rechtlichen wären bei Zeitfenstern ab Mitternacht festangestellten Hörern ein Gräuel. Katrin Moll vom „9to5. Wir nennen es Arbeit – Festival-Camp“ denkt genauso und stellt auf dem Festival-„Deck“ René Polleschs „Tod eines Praktikanten“ und Gesine Danckwarts „Täglich Brot“ jeweils zu einer Stunde vor, mit der zumindest das Hörspielprekariat bestens vertraut ist.
Dabei gelingt auch ohne expliziten Arbeitsbegriff, in kurzer Zeit viel zu veranstallten: Rinus van Alebeek, einer weiterhin existierenden Kassettenszene durch besonders kleinkunsthandwerklich verzierte Hüllen bekannt, sorgt in diesen Tagen für die (innerhalb von acht Monaten!) dritte Ausgabe des Berliner „kleinen field recordings festivals“. Mit winzigem Budget (die Verteilungskämpfe können im Festivalblog nur erahnt werden) und an verschiedenen Festivalorten werden u. a. Carsten Stabenow und Kate Donovan gesammelten Außensound in Innenräume tragen.
Als Funk-Vorgang auf freiem Feld kündigt sich auch Jan Peter E. R. Sonntags Sendestrecke „Antenna Campanile Sacrow“ gleich hinter der Stadtgrenze bei Potsdam an. War der frei stehende Turm der Heilandskirche Sacrow auf den Tag genau vor 110 Jahren Schauplatz der ersten erfolgreichen Funkübertragung in Deutschland, werden diesmal die in die Mauern der Kirche geritzten Liebesschwüre und Matrosenflüche „abgenommen, eingelesen, mehrfach codiert“ und als Notate über die Havel ins Krughorn gejagt. Veranstalter ist das Berliner Tesla.
Funk-Vorgänge ebenso in den Mauern des Icon: Rillenerkenner Afrika Bambaataa tauscht die Arbeit an den Plattenspielern auch weiterhin nicht gegen 9to5-verdächtige Sound-Widgets ein. Unterstützt wird der „Scientist of the Mix“ von Marc Hype und Fortsch.
9to5-Hörspiele: Fr. und Sa., 24.00 Uhr, Radialsystem V.
Jan-Peter E. R. Sonntag: So., 19 Uhr, Heilandskirche Sacrow.
field recordings festival: Sa., Wendel; Mi., Glogauer.
Afrika Bambaataa: Do., 23.30, Icon.