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Archiv-Artikel

WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Sorokin: „Schtschi“, Maxim Gorki Theater, 6./7. 2.
“2Mono“, Sophiensæle, 4.–6./8. 2.

Der russische Dramatiker Vladimir Sorokin gehört zu jener Sorte Patrioten, die ihrem Land bloß im Affekt Gefühle zuwenden können. Nirgends (nicht mal von seiner eigenen Regierung) wird der Mann besser verstanden als in Deutschland: weil auch hier, wer sein Land wirklich liebt, sich am liebsten an seinen Abgründen weidet. Bloß dass es seit 1989 etwas langweilig wurde, weil hierzulande auf den Abgründen der Geschichte plötzlich Bauten wie die Potsdamer Arkaden stehen. In Russland können echte Patrioten noch richtig hassen und in Stücken, wie denen Sorokins, auch Ausdruck geben. Das Maxim Gorki Theater widmet Sorokin jetzt ein kleines Festival mit zwei russischen Gastspielen und einer hauseigenen Produktion. In „Hochzeitsreise“ befasst sich der Dramatiker auf gewohnt drastische Art mit den Verbrechen von Hitler und Stalin, der Beziehung zwischen Tätern und Opfern. Im Zentrum stehen Günther, der Sohn eines Nazis, und Mascha, die Tocher einer jüdischen Richterin Stalins. Es spielt das Moskauer Theater Goldene Maske. Im Gastspiel des sibirischen Theaters Rote Fackel warten sieben Personen in einer Moskauer Wohnung auf den Dealer, der ihnen die Droge Dostojewski bringen soll. Aus Zeiten, als man auch bei uns noch am Land (und nicht bloß an Schröders Agenda 2010) leiden konnte, stammt der Stoff der Sophiensæle-Produktion „2Mono“, die sich aus zwei Monologen zusammensetzt: „blond.blau.besser“ von Katharina Eckhold verarbeitet die unveröffentlichen Briefe einer jungen Krankenschwester aus den Jahren 1929–45 an ihren Bruder. Dominic Huber setzt der Frauenstimme in seiner monologischen Bearbeitung des Horvárth-Romans „Ein Kind unserer Zeit“ die Stimme eines jungen Soldaten entgegen, der in den Krieg zieht und zu spät erkennt, dass es zwischen Himmel und Hölle gar kein Vaterland gibt.

Sorokin: „Dostojewski-Trip“, Maxim Gorki Theater, 9./10. 2.
Sorokin: „Hochzeitsreise“, Maxim Gorki Theater, 3. 2.