WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Wollten Sie schon mal Psychiater sein. Oder vielleicht auch die Baywatch-Ikone David Hasselhoff? Im HAU wird das jetzt temporär möglich sein, denn das ungarische Theaterwunder Victor Bodó hat dort ab Mittwoch sein „Erlebnisministerium“ eingerichtet – ein Stationenstück quer durchs HAU und fremde Identitäten und Existenzmöglichkeiten. Lassen Sie sich also überraschen, bedienen Sie sich am Buffet der Gesten oder lustwandeln vom Flur der Banalitäten ins Labyrinth der Bürokratie. Von unterschiedlichen Existenzformen handelt auch die One-Woman-Show der südafrikanischen Autorin und Schauspielerin Yvette Coetzee „Die Wahl der fantastischen Möglichkeit“, die im Theaterdiscounter am Montag mit Hilfe von Video, Puppen und Schauspiel dem Ausmaß nachgehen will, mit dem unser Privatleben öffentlich gemacht wird und man unfreiwillig ständig auch gezwungen wird, Zeuge vom Privatleben anderer zu werden. Das Verhältnis von Originalversion und Untertiteln untersucht die kanadische Tänzerin und Choreografin Laurie Young in ihrer ersten größeren Arbeit „OmU“ ab Freitag im Radialsystem, wo sich dann vier Performer durch sich selbst und durcheinander morphen werden. Immer auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage „Wenn du irgendjemand sein, alles werden könntest, welche Version deiner selbst würdest du wählen?“ Im FEZ in der Wuhlheide zeigt die jugendliche Tanztheaterformation „No Limit“ am Sonntag ein Videotanztheaterstück über einen, der sich seine Identität noch nicht so frei wählen konnte: den deutsch-jüdischen Schauspieler und Regisseur Kurt Gerron, der einst Bert Brechts gefeierter Mackie Messer in der Uraufführung der Dreigroschenoper war, im KZ dann gezwungen wurde, einen NS-Propagandafilm zu drehen und danach mit fast sämtlichen Mitwirkenden ermordet wurde.
„Erlebnisministerium“: HAU 1, Mi.–Fr. 19 und 20.30 Uhr
„OmU“: Radialsystem, Fr.–So., 20 Uhr
„Die Wahl …“: Theaterdiscounter, Mo, 21 Uhr
„Gerron“: FEZ/Lindgren-Bühne, So., 14 und 17.30 Uhr