WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Der österreichische Schriftsteller Adalbert Stifter war ein exzessiver Beobachter. Durch seine Naturschilderungen hindurch riecht man fast das Laub, hört die Nebelschwaden über Baumwipfel streifen, wird aber gelegentlich auch den Eindruck einer fast wahnhaften Detailgenauigkeit nicht los, in der die Grenzen zwischen inneren und äußeren Landschaften nicht wirklich zu ziehen sind. Der Komponist Heiner Goebbels hat sich nun dieses fast vergessenen Biedermeierautors angenommen, zu dessen Bewunderer Größen wie Nietzsche und Karl Krauss gehörten. „Stifters Dinge“ heißt sein Theaterstück ohne Schauspieler, das im Haus der Berliner Festspiele am Freitag die „Spielzeit Europa“ eröffnen wird. Weniger ziseliert als vielmehr mit Siebenmeilenstiefeln schreitet der Regisseur Michael Thalheimer seine Stoffe ab, er verkürzt, wringt und destilliert aus ihnen seine Theateressenzen. Diesmal hat er sich Gerhard Hauptmanns naturalistischen Klassiker „Die Ratten“ vorgenommen, in dem es um Frau John und ihren tragisch verlaufenden Kinderwunsch sowie das Leben auf der Nachtseite der Gesellschaft geht. Premiere am Samstag. „Empathy now!“ fordern Dirk Cieslak und seine Formation Lubricat angesichts des Elends dieser Welt und stellen in ihrer gleichnamigen neuen Produktion ab Donnerstag in den Sophiensaeleen ein theatralisches Trainingsprogramm für Empathie und Weltbürgerschaft, für Fernstenliebe und Solidarität vor. An der Schaubühne debütiert heute Abend der 1979 geborene Regisseur Benedikt Haubrich mit der deutschsprachigen Erstaufführung von Thor Bjørn Krebs’ dokumentarischem Stück „Tommy“. Darin geht es um einen dänischen Blauhelmsoldaten im ehemaligen Jugoslawien, der es eines Tages nicht mehr erträgt, hilflos dem Mord an unschuldigen Zivilisten zusehen zu müssen.
„Stifters Dinge“: Haus der Berliner Festspiele, ab Fr.
„Die Ratten“: Deutsches Theater, ab Sa.
„Empathy Now!“: Sophiensæle, ab Do.
„Tommy“: Schaubühne, ab heute